So helfen Big-Brother-Videos künftig bei der Marktforschung
In der Führungsetage der renommierten Werbeagentur Ogilvy & Mather werden immer mehr Videos angeschaut. Grund: Das Unternehmen greift bei der Marktforschung auf selbst produzierte Dokumentarvideos zurück.
Für diese Marktforschung wurde unlängst eine eigene Einheit namens FBI (Field Brand Investigation) gegründet, in der Ethnologen und TV-Profis arbeiten. Diese Teams schwärmen aus, um die Zielgruppe mit der Kamera zu begleiten und daraus Filme im Reality-TV-Stil zu produzieren.
Das Filmmaterial soll das Management bei der Marktfoschung unterstützen und helfen, neue Marketing-Ideen zu entwickeln. 250 solcher Videos hat Ogilvy schon gedreht. Beispiel für Marktforschung mit Big-Brother-Projekten:
- Vor dem Eintritt in den südafrikanischen Markt filmte das FBI Hunderte von Stunden das Leben in einem Township.
- Für einen Kunden aus der Kosmetikbranche drehte das Team mehrere Abende auf der Damentoilette einer Tokioter Diskothek. Eine Erkenntnis für die Marktforschung: Die jungen Mädchen frischten ihr Make-up fast stündlich auf.
Gründe für den verstärkten Einsatz von Dokumentarfilmen in der Marktforschung:
- Focusgruppen-Müdigkeit. Erfahrung: Kunden lehnen hier mehr neue Ideen ab, als sie generieren.
- Soziales Gefälle. Marketing-Verantwortliche kennen den Alltag der ärmeren Zielgruppen nicht.
- Globalisierung. Firmen dringen häufiger in völlig unbekannte Märkte und Kulturen vor.
- Videokultur. Stille und bewegte Bilder gewinnen als Kommunikationsmittel der Marktforschung auch im Management an Bedeutung (Stichwort: PowerPoint-Präsentationen).
Einschätzung: Reality-TV für das Management ist ein interessanter Weg, Marktforschung zu betreiben und den Kunden näher kennen zu lernen - aber keine Zauberformel. Erfahrung von Ogilvy: 10 Konsumenten haben 10 Meinungen. Die Videos vermitteln eher ein Gefühl für die Zielgruppe. Für harte Produktentscheidungen kann diese Art der Marktforschung keine Basis bieten.