Romantisierungen am "Internationalen Tag der indigenen Völker"
(via ethno::log) Zum Internationalen Tag der indigenen Völker am 9.August schlaegt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Alarm: "Ureinwohner weltweit zunehmend an den Rand der Existenz gedrängt" - von Bergbauunternehmen, Ölkonzernen oder Holzfirmen. Gleichzeitig haben die Repräsentanten der indigenen Völker auf internationalem Parkett "erste Erfolge" beim Kampf um ihre Rechte erringen können.
Wie oft in Berichten ueber "indigene Voelker", ist eine Prise Romantik dabei. Ihre Bilanz zur Situation der Indigenen Völker der Welt leitet die Organisation mit diesen Worten ein:
Indigene Völker sind die Hüter der kulturellen Vielfalt der Erde. Ihr Reichtum sind ihre vielen Sprachen und Kulturen, die Weisheit ihrer Religionen und ihres Umgangs mit der Natur.
Interessanter ist daher der Bericht im Tagesspiegel Sie waren immer schon da. Waehrend der Zustandsbericht der GfbV einer Beschreibung aussterbender Tierarten gleicht, hebt Tagesspiegel-Autorin Sandra Weiss die massiven Aenderungen der letzten Jahre hervor und kritisiert die "romantischen Vorstellungen des Westens", nach denen indigene Voelker "friedfertig, schutz- und hilflos sind und [dass] ihre Existenz nur mit Hilfe westlicher Menschenrechtsorganisationen erhalten werden kann":
Als 1992 auf dem Subkontinent die 500-Jahrfeier der „Entdeckung Amerikas“ durch Kolumbus gefeiert wurde, war den Ureinwohnern in gewohnter Manier nur eine Statistenrolle zugedacht worden. (...) 14 Jahre später hat sich das Bild gewandelt. Die Ureinwohner sind allenthalben auf dem Vormarsch und fordern lautstark ihre Rechte ein. Sei es in Ecuador, wo sie im Januar 2000 den Rücktritt eines Präsidenten erzwangen, eine eigene Partei namens Pachakutik gründeten, eine Zeit lang sogar zwei Minister stellten und dieses Jahr mit einem eigenen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl antreten. (...)
Oder natürlich der bolivianische Staatschef Evo Morales. Der von Aymara und Quechua-Indianern abstammende ehemalige Kokabauer marschierte innerhalb weniger Jahre durch alle Instanzen, stürzte zwei Regierungen, war der Abgeordnete mit den meisten Stimmen und errang vergangenen Dezember die absolute Mehrheit bei der Präsidentschaftswahl.
>> zum Artikel im Tagesspiegel
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