So lebt der Kolonialismus in der Ethnologie weiter
Die Ethnologie hat keine ruhmreiche Geschichte. In der neuen Ausgabe von Jungle World gibt uns Thomas Brückmann einen Ueberblick ueber das Fortwirken des Kolonialismus in unserem Fach und in ethnologischen Museen. Er bespricht auch Gegenmassnahmen, u.a. kritische Weißseinsforschung:
Wichtig für die Kontextualisierung des Ethnologischen Museums im Kolonialismus ist auch die Betrachtung des Fachs Anthropologie bzw. »Völkerkunde«, wie es im deutschsprachigen Gebiet hieß. Die europäische Expansion und die kolonialen Eroberungen ließen dieses Fach überhaupt erst entstehen.
Zum einen gab es eine exotisierende Neugier auf »andere« Gesellschaften. Zum zweiten entstand ein politisches Interesse an Wissen über die eroberten Gesellschaften. Oft versprachen sich die Kolonialbehörden davon eine Verbesserung ihrer Regierungstätigkeiten. So wurden viele Ethnologen von den Kolonialregierungen finanziert und wohnten nicht selten in den örtlichen Gebäuden der Kolonialverwaltung.
(...)
Neben der offensichtlichen Zusammenarbeit mit Kolonialbehörden war die Ethnologie vor allem an der Produktion gesellschaftlich wirksamen Wissens beteiligt. Teilten die Kolonialmächte die eroberten Gebiete ungeachtet der vorher existierenden gesellschaftlichen Strukturen in Staaten nach europäischen Vorbild, so vollzog sich ein ähnlicher Prozess innerhalb der Ethnologie anhand von Begriffen wie »Ethnie«, »Stamm« oder »Volk«.
Ethnologische Wissensproduktion war nicht nur ein Problem des »falschen« stereotypen Wissens über das »Andere«, sondern die Konstruktion des »Anderen« überhaupt.
Kritik, die die koloniale Gegenwart in den Institutionen thematisiert, so Thomas Brückmann, trifft meist auf heftige Abwehr.
Links aktualisiert 13.6.2018
Eine positive Entwicklung: Es ist nicht mehr so selbtverstaendlich das Weisse ueber Nicht-Weisse schreiben.
Kolonialismus, Ethnozentrismus und Rasismus in der Ethnologie haben wir hier regelmaessig diskutiert. Juengste Beispiele waren die neue Webseite der AG Musikethnologie an der Uni Muenchen und die Magazine Ethnologik und Ethmundo, siehe Beitrag Vermitteln Ethnozentrismus und ein ueberholtes Bild von der Ethnologie?
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