Ethnologe: Afro-Festivale schüren Vorurteile
Auf Afrikafestivalen wird getrommelt und getanzt, man verkauft Masken, geschnitzte Giraffen und farbige Wickeltücher. “Da soll sich noch jemand beklagen, die Schweizer hätten ein stereotypes Bild von Afrika", schreibt Ethnologe David Signer in der NZZ.
Signer kommt zurück vom Afro-Pfingsten in Winterthur, das nun zum 20. mal veranstaltet wurde. Und er ist alles anders als begeistert. Leistet so eine Veranstaltung irgendeinen Beitrag zum Verständnis von Afrika? Fordert sie stereotype Vorstellungen heraus? Nein. Im Gegenteil. Er fühlt sich an die “guten, alten Völkerschauen” erinnert, “wo an Jahrmärkten echte Hottentotten vorgeführt wurden".
“Wirklich subversiv wäre es", schreibt er, “wenn Malier Philosophievorträge halten und Nigerianerinnen Buchhaltungskurse anbieten würden. Aber Trommeln und Tanzen?". Da kann man ihm nur Recht geben.
Er schreibt weiter:
Eine Veranstaltung wie Afro-Pfingsten ist ein Spiegel. Nicht ein Spiegel Afrikas, sondern von uns selbst. Denn die Marktfahrer inszenieren einfach das, was ankommt. Und wir – eigentlich hängen wir immer noch demselben Afrikabild an wie vor zwanzig oder fünfzig Jahren. Kein Wunder, bleiben viele Afrikaner, und gerade die «Integrierten», diesem Spektakel fern. Sie lassen sich nicht gerne diese Labels anhängen, diese wohlgemeinten «Multikulti»-Etiketten, diesen positiven Rassismus, der die Menschen nicht mehr nach Rassen, aber fein säuberlich nach Kulturen ordnet.
Sein Text beginnt gut, endet aber schlecht. Er verbreitet ähnlich problematische und falsche Bilder wie die Festivale, die er kritisiert:
Diese Märkte mit dem reichen, bunten Angebot täuschen darüber hinweg, dass das eigentliche Problem Afrikas darin besteht, dass es nichts produziert. Es wird nicht ausgebeutet, wie man immer behauptet. Es ist schlimmer: Afrika ist schlichtweg eine quantité negligeable für den Weltmarkt. Und sogar hier in der Schweiz liesse sich fragen: Warum gibt es eigentlich keine afrikanischen Restaurants?
Signer hat sich bereits früher ähnlich über Afrika geäussert, siehe NZZ über soziokulturelle Faktoren von Armut in Afrika
Wieviele Klischees erfüllen die Festivals? Siehe den Afrika Klischee-Check auf ethno::log
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