Augsburger Tierpark will afrikanisches Dorf zwischen Affen- und Zebragehege vorführen / Gegner sehen Rassismus
Mit
ihrem Plan, im Augsburger Zoo ein afrikanisches Dorf zu errichten, hat
sich die Tierparkleitung herbe Kritik und Rassismusvorwürfe
eingehandelt.
Augsburg
· 27. Mai · "Ein Zoobesuch mit Überraschung: Für vier Tage entsteht im
Augsburger Tierpark ein afrikanisches Dorf. Um eine einmalige
afrikanische Steppenlandschaft gruppieren sich Kunsthandwerker,
Silberschmiede, Korbflechter, Zöpfchenflechter." So preist der
Augsburger Zoo die Veranstaltung "African Village": vom 9. bis zum 12.
Juni zwischen Pavian- und Zebragehege. Wissenschaftler aus dem In- und
Ausland sowie Initiativen von Menschen dunkler Hautfarbe haben in
Aufrufen und Protestbriefen die Zoodirektion aufgefordert, das "African
Village" abzusagen. "Der braune Mob" zum Beispiel, ein Hamburger
Verein, der sich für die "faire und verbal korrekte Darstellung
Schwarzer Deutscher in Medien und Öffentlichkeit" einsetzt, zeigte der
Zoodirektorin Barbara Jantschke die "Braune Karte". Seine Begründung
deckt sich mit den Argumenten anderer Kritiker: Der Zoo sei ein
Tierpark; Afrikaner dort einem europäischen Publikum vorzuführen,
bedeute, sie als primitive Wesen zu stigmatisieren und eher der Natur
als der Kultur zuzuschreiben.
Die Berliner Historikerin Nicola
Lauré al-Samarai und Tahir Della von der Initiative Schwarze Menschen
in Deutschland (ISD) kritisieren zudem, die Veranstalter missachteten
die historische Dimension. "Es handelt sich um eine in konzeptioneller
wie praktischer Hinsicht direkt in der Tradition der Völkerschauen
stehende Veranstaltung", sagen sie. Nach Erkenntnissen der Ethnologin
Hilke Thode-Arora gab es in Deutschland zwischen 1870 und 1940 mehrere
hundert "Völkerschauen" als Show-Veranstaltungen. Fast alle
Veranstalter, etwa Hagenbecks Tierpark in Hamburg, organisierten
Extravorführungen für Wissenschaftler, die anthropologische Messungen
durchführten. In den späten Völkerschauen der 20er und 30er Jahre
traten aber auch Schwarze auf und zeigten dem Publikum "afrikanisches
Leben", das sie selbst nie erlebt hatten.
"Geschmackloser Kontext"
Die
"Deutsche Afrika-Schau" wurde 1936 ein Organ der
nationalsozialistischen Kolonialpropaganda. Sie verwandelte sich bald
in ein wanderndes Lager, das die in Deutschland lebenden Schwarzen
konzentrieren und sie - besonders ihre Sexualität - kontrollieren
sollte. Im "geschmacklosen Kontext" des Augsburger Zoos würden schwarze
NS-Opfer verhöhnt, kritisiert die ISD. Schwarze würden als "exotische
Objekte in trauter Einheit mit der Tierwelt" gezeigt, "als Inspiration
für künftige touristische Reiseziele". Das sei "kaum als
gleichberechtigte kulturelle Begegnung zu verstehen", schrieb Tahir
Della der Zoodirektorin. Tierparkleiterin Jantschke antwortete: "Ich
denke, dass der Augsburger Zoo genau der richtige Ort ist, um auch die
Atmosphäre von Exotik zu vermitteln", und immerhin sei der
Mitorganisator ein "gebürtiger Afrikaner mit schwarzer Hautfarbe".
"Diese
Argumentation ist in sich rassistisch. Sie unterstellt, dass die
Schwarzen alle einer Meinung sind", kritisierte Historikerin
al-Samarai. Die schwarze Gemeinschaft habe aber eine große
Meinungsvielfalt. Abgesagt werde das "African Village", das Toleranz
und Völkerverständigung fördern solle, auf keinen Fall, sagt Jantschke.
Angesichts der Proteste werde aber überlegt, die Veranstaltung "als
Plattform zu nutzen, um über die Kritik zu diskutieren".