Kindesmissbrauch bei den Aborigines: Kultur als Vorwand
(via anders deutsch) Viele Ethnologen benutzen das Wort Kultur so wenig wie moeglich oder gar nicht mehr. Oft verschleiert dieser Begriff mehr als dass er erklaert. Oft wird der Begriff naemlich missbraucht. Ein aktuelles Beispiel war in der gestrigen taz zu lesen ueber Kindesmissbrauch bei den Aborigines: Sowohl die Bleichgesichter wie auch die Taeter unter den Aborigines selbst benutzen Kultur als Vorwand - die Weissen um die Aboriginees zu attackieren, die Taeter um ihr kriminelles Verhalten zu legitimieren:
Viele Verbrechen blieben nicht nur ungeahndet, sondern würden von den Tätern und Entscheidungsträgern in den Aboriginal-Gemeinden unter Hinweis auf "Traditionen der Männer" entschuldigt.
"In den "Talkback"-Sendungen der kommerziellen Radiostationen liefen die Telefone heiß. Moderatoren und Hörer attackierten die rund 300.000 australischen Ureinwohner mit offen rassistischen Bemerkungen.
(...)
Der nationale Gesundheitsminister Tony Abbott schlug vor, nicht funktionierende Aboriginal-Gemeinden in Zukunft "paternalistisch" zu verwalten. Einzelheiten nannte er nicht, aber die Idee tönt sehr nach weißen Administratoren für schwarze Siedlungen. Die mehrheitlich regierungsfreundliche Presse jubelte.
Kultur ist ein wichtiges politisches Werkzeug geworden - gerade auch fuer Urbevoelkerungen im Kampf um ihre Rechte. Nicht zuletzt deshalb faellt es den Tätern (oft Männer mit großer Autorität) leicht, das Kultur-Argument einbringen. Sie werden von anderen Aborigines angeklagt, ihre Macht zu missbrauchen: "Sex mit Kindern war nie akzeptabel. Unter traditionellem Recht wäre eine solche Tat sofort mit dem Tod bestraft worden."
Wie in vielen anderen Faellen, ist "Kultur" keine Erklaerung:
Fachleute sind der Meinung, der Grund liege vor allem beim Alkoholmissbrauch und der sozialen Verwahrlosung ganzer Gemeinden. Nicht selten sind in einer Familie Angehörige von drei Generationen konstant unter Alkohol- und Drogeneinfluss.
Wie Urmila "anders deutsch" Goel schreibt:
Das hört sich nicht nach 'Kultur' an, das hört sich eher nach den Folgen von Rassismus, Diskriminierung und Marginalisierung an. Aber wie in 'Deutschland' ist es auch in 'Australien' einfacher, die 'Kultur' der 'Anderen' als Sündenbock zu stilisieren als an die wirklichen Ursachen des Problems zu gehen.
Kuerzlich hat Ethnologe John Morton zu der Problematik Stellung bezogen:
Ever since Europeans first came to Australia, public views of Aborigines have veered between two extremes. Aborigines have been promoted either as disgusting savages or as admired paragons, uncivilised riff-raff or as noble bearers of their culture - bad or good, but never ordinary.
(...)
There are many people both inside and outside Aboriginal communities who recognise that there are big problems in Aboriginal affairs. It’d be good if they could all be allowed to get on with the job of finding appropriate solutions to those problems without “culture” getting in the way.
SIEHE AUCH:
Aboriginees in Australia: Why talking about culture?
The Culture Struggle: How cultures are instruments of social power
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