Schiffauer: "Man sollte ein Bekenntnis zum Grundwertekatalog verlangen"
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagt Ethnologe Werner Schiffauer, dass Integration nicht durch Einbürgerungsfragebögen ermittelt werden kann. Ein Bekenntnis zu dem Grundwertekatalog sei allerdings ratsam, da er das Selbstverständnis der Gesellschaft widerspiegele. Schiffauer plädierte außerdem für das kommunale Wahlrecht fuer Auslaender.
Er sagte u.a.:
Man sollte ein Bekenntnis zum Grundwertekatalog verlangen und man sollte den Grundwertekatalog vermitteln. Das Problem der Diskussion im Augenblick ist, dass man diese ganzen Sachen fokussiert und zu einem Misstrauensdiskurs gegen eine ganz spezifische Bevölkerung wendet. Und das ist nun wirklich, im Bezug auf die Identifikationsbemühungen, wirklich kontraproduktiv. Der Punkt ist, dass man, wenn man einer Bevölkerung Misstrauen entgegenbringt, man tatsächlich die Identifikation verhindert.
(...)
Wir dürfen uns von Einbürgerungssachen, Fragebögen, aber auch Bekenntnissen zur Verfassung, nicht versprechen, dass wir solche Probleme [Ehrenmorde, Zwangsheiraten etc] in den Griff bekommen. (...)
Hier finden andere Mechanismen statt. Sie sind Ausdruck einer Migrantenkultur, die sich in sich selbst zurückzieht aus ganz verschiedenen Gründen, die aber mit der Herkunftskultur wenig zu tun haben, statt. Wir wissen es ja, dass Einwanderer oft konservativer sind als im Heimatland, einfach weil sie sich gegen die Mehrheitsgesellschaft meinen verteidigen zu müssen. Und hier führt zusätzlicher Druck oft ganz kontraproduktiv wieder dazu, dass die Leute ihre Borsten aufstellen, dass sie in Verteidigungshaltung et cetera gehen und sich tatsächlich zurückziehen. Und all das ist der Boden, wo tatsächlich solche Probleme aufkommen können.
>> zum Interview im Deutschlandfunk
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