Trend Klinik-Hopping: Ethnologin untersucht "Fortpflanzungstourismus"
Der neueste Reisetrend ist nicht Insel-Hopping, sondern Klinik-Hopping: Ungewollt kinderlose Frauen reisen rund um den Globus, um in einem Land eine Behandlung zu erhalten, die in einem anderen verboten ist. Die Wiener Kultur- und Sozialanthropologin Eva-Maria Knoll untersucht das Phänomen Fortpflanzungstourismus am Beispiel der In-Vitro-Fertilisation (IVF), meldet der Forschungsnewsletter der Uni Wien. In Österreich gibt es etwa 30.000 Paare mit unerfülltem Kinderwunsch.
Das Thema ist in vielerlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einem bringt es neue Erkenntnisse in Bezug auf Fragestellungen Familie und Verwandtschaft und Globalisierung:
"Die global verfügbare Technik ist in nationale Kontexte eingebunden. Nationale Beschränkungen gibt es, weil diese Technologie Normen und Werte berührt, die für alle wichtig sind. Es geht um Fragen der Verwandtschaft – sozial oder biologisch –, um ethische Fragen, darum, wann das menschliche Leben beginnt", erläutert die Wissenschafterin.
Die Ethnologin fand auch einen Bezug zum Schamanismus:
Die Pharmakonzerne liefern die Hormonpräparate, finanzieren Ärztetreffen, unterstützen Selbsthilfegruppen für betroffene Paare und verdienen kräftig mit – sie sind die Gewinner im "Geschäft mit der Hoffnung", wie es Knoll nennt: "Denn nicht nur in Kulturen, in denen es Schamanismus und Hexerei gibt, hat Medizin mit Glauben zu tun. Im Fortpflanzungstourismus wird kein Ergebnis, sondern die Hoffnung auf ein Ergebnis verkauft."
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Laurence Ossipow: Neue Formen in Ehe und Partnerschaft (tsantsa: Zeitschrift der Schweizerischen Ethnologischen Gesellschaft)
Book Review: Infertility Around the Globe: New Thinking on Childlessness, Gender, and Reproductive Technologies (American Ethnologist)
Klavs Sedlenieks: New Reproductive Technologies. Towards Assisted Gender Relations (anthrobase.com)
Marcia C Inhorn: Religion and Reproductive Technologies (AAA Anthropology News February 2005)
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