Orywal zu Moschee-Neubau: "Verantwortliche, nehmt Bedenken ernster"
Obwohl in Deutschland Religionsfreiheit herrscht, loest ein Moschee-Neubau hitzige Diskussionen aus. In einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger ueber die geplante neue Moschee in Köln, fordert Ethnologe Erwin Orywal die Verantwortlichen auf, die Einwaende der Koelner Bevoelkerung ernster zu nehmen. Den Betroffenen würden fertige Baupläne serviert, auf die sie keinen Einfluss nehmen könnten, kritisiert er.
Er sagt, die Debatte drehe sich um viele praktische Probleme, die nicht nur mit Religion zu tun haben:
Die Gründe für eine Ablehnung sind übrigens über die Jahre immer die gleichen geblieben: der Ruf des Muezzins, Parkplatzprobleme, Verkehrsbehinderungen durch die vielen Besucher des Freitagsgebets.
Allerdings verbegen sich hinter der Sorge um genügend Parkplätze auch Ängste vor dem Islam, die von den “fast täglichen Nachrichten und Bilder von Gewalttaten radikaler Muslime” geschuert werden, raeumt er ein.
>> zum Interview im Kölner Stadtanzeiger
In der faz hat sich Ethnologe (und Soziologe) Wolf-Dietrich Bukow geaeussert. Der Streit über die Moschee hat ihn überrascht. „Woher kommt die Angst?“ Man kenne sich doch eigentlich, sagt er. Mittlerweile hat er zwei Erklärungen gefunden, lesen wir:
Die eine beruht auf dem, was er die „politische Großwetterlage“ nennt. Sie schüre eine Angst vor der Religion, die wenig mit dem Islam zu tun habe, der bei der Ditib praktiziert werde. „Das ist ein Zeichen von Globalisierung. Wir machen uns heute zu Hause Sorgen, wenn am anderen Ende der Welt etwas Schreckliches passiert.“
Bukows zweite Erklärung beruht auf einer falschen Zuwanderungspolitik in der Vergangenheit: „Man hat unterschichtet. Hätte man nicht nur Arbeiter, sondern auch Akademiker aus der Türkei einwandern lassen, hätten wir das Problem heute nicht.“ Immer wenn sich Migration mit einer bestimmten Gesellschaftsschicht verbinde, werde es schwierig, denn dann greife die alte Schichtenlogik: „Den Migranten wird nur die Rolle der kleinen Leute zuerkannt, der Aufstieg wird ihnen verwehrt.“ Der Bau eines Gotteshauses, der für das (Klein-)Bürgertum stehe, passe deshalb nicht ins Bild.
>> weiter in der faz: “Moscheebau: Die Angst vor dem Nachbarn”
Eine umfassende Sammlung von Kommentaren zum Moscheebau gibt es beim Too Much Cookies Network von Omar Abo-Namous.
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