Wie bitte? Ein ethnologisches Gutachten? Sich reinwaschen mit Kulturrassismus?
Hier ist eine Geschichte, die wir vermutlich in die Schublade “Kulturrassismus” stecken können.
Am 12. Juni 2008 brennt es in einem Asylbewerberheim in Klagenfurt. Ein 42 Jahre alter Ghanese springt in Panik aus dem Fenster und kommt um. Dem Betreiber werden mangelnde Brandschutzeinrichtungen, u.a. fehlende Fluchtwege vorgeworfen. Ein “fataler Grossbrand", bei dem es kein Entkommen gab.
Die Angeklagten weisen die Verantwortung für das Unglück weit von sich und versuchen sich nun mit einem “ethnologischen Gutachten” reinzuwaschen, meldet der ORF: Ist es nicht typisch afrikanisch beim Brand aus dem Fenster zu springen? Hätten Fluchtwege ohnehin nicht geholfen?
Der ORF schreibt:
Wörtlich beantragte der Anwalt das “Einholen eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychologie und Ethnologie verbunden mit Verhaltensforschung zur Erstellung eines Gutachtens über das Fluchtverhalten von Mittelafrikanern im Vergleich zu Mitteleuropäern im Brandfalle.” (…) “Selbstverständlich” sei das Fluchtverhalten unterschiedlich, denn “die haben das ja selber gesagt: ‘Wir kennen keine Feuerwehr bei uns und haben keine andere Möglichkeit, als zu springen’".
(…)
Man müsse den Fall “rein sachlich” betrachten, mit dem Antrag soll festgestellt werden, “ob - unabhängig von den gegebenen Voraussetzungen - die Asylanten in der Lage sind, auf Einrichtungen (Fluchtwege, Brandschutz, Anm.) zu reagieren oder ob sie aufgrund des Kulturkreises, aus dem sie kommen, nicht in der Lage dazu sind und einfach springen", erklärte er.
Nach Ansicht von Staatsanwalt Christof Pollak hat es sich um einen Brandanschlag gehandelt. Die Kärntner Polizei soll den Brandanschlag vertuscht haben, meldete der ORF vor wenigen Tagen. Falls dies stimmt, wäre ein ethnologisches Gutachten über die Polizei und die Gesellschaft, die solche Taten ermöglicht und eventuell sogar duldet, eher angebracht.
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