Widerlegen Vorurteile über Suchtkranke
Berner Ethnologen haben in fünf Schweizer Städten den Alltag Suchtkranker studiert, meldet Pressetext Schweiz. Sie fanden heraus, dass Informationsstand über diese Menschen gering ist und von Vorurteilen geprägt ist.
“Oftmals hören diese Menschen den Zuruf, sie sollten doch eine Arbeit suchen. Die meisten glauben, sie seien arbeitsunwillig, faul und jung", sagt Ethnologin Corina Salis Gross, die die Studie leitete.
Kaum im Bewusstsein sei allerdings die Tatsache, dass kaum jemand freiwillig auf der Straße lebt:
“Nur sehr wenige wie etwa manche Punks wählen diese Lebensform bewusst, zufrieden ist damit niemand. In der Regel rutscht man hinein durch eine Verkettung biografischer Umstände", so die Ethnologin. Jeder dritte wurde bereits sexuell missbraucht, bei Frauen waren es sogar zwei von drei. Ebenso viele gaben an, wegen Krankheit oder Gewalt bereits einmal “fast gestorben” zu sein. Allgegenwärtig sind psychische und physische Leiden wie Gelenk- und Knochenschmerz, Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit bis hin zu Suizidversuchen.
Die Situation der “Randständigen” hat sich laut der Studie in den letzten Jahren verschärft, schreibt die Basler Zeitung. Die verstärkte Imagepflege der Städte und der Ökonomisierung des öffentlichen Raums verdränge die Suchtkranken.
Die fünf untersuchten Städte gehen verschieden mit den Randgruppen um:
Bern etwa hege mit Repression und dem Anbieten von Alternativen ihr Bild als saubere Stadt, in der Sicherheit und Ordnung herrschten, so die Autoren. Chur ignoriere die Randständigen und überlasse sie sich selbst und Zürich halte mit einem liberalen Ansatz die Szenen auf eine stadtverträgliche Weise unter Kontrolle.
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