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Die Zeit über moderne Ethnologie

Während einer Reise zu den Nambikwara in Brasilien denkt ZEIT-Autor Bartholomäus Grill über das Wesen unseres Fachs nach. Warum benutzen Ethnologen weiterhin Begriffe wie Volk, indigene Völker und Ethnie, obwohl sie so schwammig sind? Gibt es den edlen Wilden? Was ist moderne Ethnologie?

Grill stellt gute Fragen, schreibt jedoch undifferenziert über Indianer als Verlierer. Und er irrt sich, wenn er schreibt, dass der “Gegenstand der modernen Ethnologie” “die Ethnie” sei. Das war einmal.

>> zum Bericht in der ZEIT “Wir Eingeborenen”

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Ethnologe holt Bungeespringer aus der Südsee ins Museum

Unsere Vorstellungen über “die anderen” stammen zu einem Grossteil von den Medien. Wer will, dass diese Bilder “ethnologischer” werden, muss sich selber aktiv in den Prozess der Kulturproduktion einmischen, meint Ethnologe Thorolf Lipp, der soeben Pläne fuer eine neue Südsee-Ausstellung vorstellt hat.

Fünf Bewohner von Bunlap, einem kleinen Dorf der Sa auf der Pazifikinsel Pentecost, werden nach München kommen, um Vorurteile über die Südsee herauszufordern. Bekannt geworden sind die Sa als Erfinder des “Bungee-Turmspringens”, das sie seit vielen hundert Jahren praktizieren.

Ethnologe Thorolf Lipp ist Mitglied im “Forum deutsch-pazifischer Begegnungen“:

Seit jeher dienen uns die pazifischen Inseln als ferner Spiegel für unsere eigenen Sehnsüchte nach einem paradiesischen Leben. Dabei machen wir ihre Bewohner nicht selten zu exotischen Statisten und verklären ihre tatsächliche Lebenswirklichkeit. Vorurteile und kulturelle Mißverständnisse sind hier nachhaltiger als anderswo entstanden.

Das “Forum deutsch-pazifischer Begegnungen e.V.” hat sich zum Ziel gesetzt, durch interkulturelle Begegnungen und Austausch zwischen den Völkern gegenseitiges Verständnis jenseits gängiger Südsee-Klischees zu befördern.

UrSprung in der Südsee. Begegnung mit den Turmspringern von Pentecost ist das erste grosse Vorhaben des Vereins. Das Resultat wird im Sommer 2009 im Museum für Völkerkunde München zu sehen sein.

In der Beschreibung des Ausstellungskonzeptes lesen wir:

Die Ausstellung will vermitteln, daß die Kastom Männer, Frauen und Kinder von Bunlap nicht die „letzten Wilden“ sind. Vielmehr wollen wir sie als Vertreter einer überaus lebendigen Kultur vorstellen, in der Tradition, Adaption und Vision eine selbstbewußte und kreative Synthese ergeben.
(…)
Die Sa haben vor vielen hundert Jahren das Turmspringen erfunden, den Vorgänger des heutigen Bungeespringens. Erstaunlich ist, dass die Sa bis heute an den Eckpfeilern ihrer traditionellen Kultur hartnäckig festhalten. Sie tragen Penisbinde und Grassrock, pflegen ihre Überlieferungen und lehnen Kirchen und Schulen ab. Dennoch befindet sich die Kultur der Sa keineswegs im Stillstand, sondern wird beständig kreativ und behutsam weiterentwickelt – vielfach gegen die Trends einer globalisierten Welt.

Zusammen mit Partnern aus Vanuatu gestalten die Ausstellungsmacher eine virtuelle Reise von München in das Dorf Bunlap. Zusätzlich zu den Ausstellungsräumen im Museum wird auf dessen Vorplatz ein künstlicher Sandstrand als Ort der Begegnung in das Ausstellungskonzept integriert. Auf einem Teil des Strandes bauen einige Gäste aus Bunlap einen etwa 20 Meter hohen nanggol, einen traditionellen „Bungee“ Sprungturm aus Holz und Rindenstreifen.

Thorolf Lipp hat uebrigens eine schoene und informative Webseite. Dort erfahren wir, dass er seine Dissertation ueber diese Turmspringer geschrieben hat, die man sogar als pdf herunterladen kann

Auf

kann man sich das Turmspringen, an dem sich auch Kinder beteiligen, näher anschauen:

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video

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Erforschte das Leben illegalisierter Migranten

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Rund 100 000 Migranten leben ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Wer sind diese “Sans-Papiers”? Wie überleben sie im Schatten der Gesellschaft? Diese Fragen untersucht Raphael Strauss in seiner Lizenziatsarbeit am Institut für Sozialanthropologie der Uni Bern.

In der Arbeit, die nun liegt nun als Arbeitsblatt 44 des Instituts vorliegt, hat der Ethnologe elf Migranten im Alter zwischen 22 und 47 Jahren, interviewt. Seine Informanten kommen aus Polen, Kolumbien, Kamerun, Mazedonien, Nigeria und Algerien.

Raphael Strauss hatte sich selber für die Sans-Papier-Bewegung in der Schweiz engagiert und arbeitete zudem in einem Durchgangszentrum für Asylbewerber. Kontakte aus dieser Arbeit waren ihm sehr hilfreich, denn über Menschen zu forschen, die sich ständig versteckt halten müssen um nicht “ausgeschafft” zu werden, ist nicht gerade einfach.

“Sans-Papiers” werden von Politikern und Journalisten oft als “illegale Einwanderer” bezeichnet. Der Ethnologe weigert sich, die Terminologie zu übernehmen, denn “kein Mensch ist illegal”. Er bezeichnet sie als “illegalisierte Migranten”:

Durch die konsequente Verwendung des Adjektivs «illegalisiert» soll auf der einen Seite darauf aufmerksam gemacht werden, dass der irreguläre Aufenthalt unter Umständen rein durch Gesetzesänderungen verursacht worden sein kann, auf der anderen Seite soll deutlich gemacht werden, dass die Bezeichnung der Illegalität – auf Menschen angewendet – ein politisches Konstrukt ist, da Illegalität als Solche die Ungesetzlichkeit und Abwesenheit von Rechten beinhaltet.

Lediglich der Aufenthaltsstatus eines Menschen kann ungesetzlich sein, nicht jedoch der Mensch selbst.
(…)
Ähnlich problematisch sind die Ausdrücke der «illegalen Migration» und des «illegalen Aufenthaltes», da der Begriff der Illegalität oftmals mit kriminellen Praktiken oder Handlungen verbunden wird. Aus diesem Grund werden jeweils die Begriffe «irreguläre Migration» und «irregulärer Aufenthaltsstatus» verwendet, welche sich auch im politischen und wissenschaftlichen Bereich international durchgesetzt haben.

In der Arbeit werden wir mit einer Vielfalt von Schicksalen bekannt. Darunter befinden sich abgelehnte Asylbewerber genauso wie eine gelernte Hebamme aus Polen, die in der Schweiz arbeiten gehen wollte und nun bei Privatpersonen Wohnungen putzt und aeltere Leute pflegt.

Vielen geht es sicherlich wie «Claudine» aus Kamerun:

Claudine ist ursprünglich aus Kamerun und besuchte in Frankreich die Universität, wo sie einen Schweizer kennen lernte, sich in ihn verliebte und mit ihm in die Schweiz kam.

Als französische Studentin lebte sie die ersten drei Monate mit einem Touristenvisum hier, anschliessend wäre die Heirat mit ihrem Freund geplant gewesen, doch die Beziehung stellte sich als Fehlschlag heraus, ihr Freund verliess sie und Claudine blieb alleine in der Schweiz zurück.

Ihr Visum war abgelaufen, ebenso die Verlängerungsfrist für die Universität in Frankreich, weshalb sie fortan ohne Aufenthaltsbewilligung hier lebte.(…) Da sich Claudine aufgrund ihres Wegzuges mit dem Schweizer Freund auch mit ihrer Familie zerstritten hatte, konnte sie nicht zurück, weshalb sie beschloss, trotz allem in der Schweiz zu bleiben.

In Kapitel 6 über Lebensrealität illegalisierter Migranten schreibt er zum Thema Integration:

Ihr Leben ist also geprägt durch den Versuch, möglichst unauffällig zu bleiben, sich nicht unnötig an öffentlichen Plätzen aufzuhalten, möglichst alle Kontakte mit Behörden zu vermeiden und nur äusserst vorsichtig soziale Kontakte zu knüpfen. Diese durch die rechtliche Situation erzwungenen Umstände behindern viele integrationsfördernde Aktivitäten.

Dem gegenüber steht allerdings die Tatsache, dass unzählige Sans-Papiers dies sehr gut meistern, ihr Leben ohne Aufenthaltsbewilligung führen können und sich bei ausserordentlichen Ereignissen zu helfen wissen. Ein derartiges Leben zu führen, ohne aufzufallen, deutet wiederum auf eine sehr gute Integration hin.

Zum Thema Finanzen:

Die Reduzierung der persönlichen Ansprüche auf das Notwendigste wird von den meisten InterviewpartnerInnen implizit praktiziert, Barry beispielsweise gibt sich mit einer Mahlzeit am Tag zufrieden (wenn möglich) und vergleicht die Situation auch mit seinem Heimatland, woher er es gewohnt sei, teilweise einen Tag lang nichts zu essen.

Zu Gesundheit / Psyche:

Viele der befragten erwerbslosen Sans-Papiers empfinden ihr Leben unter diesen Umständen als ein nicht menschenwürdiges Dasein, oder wie es David ausdrückt, als «somewhere in between life and death».

Bei einigen geht die Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit gar bis zu Selbstmordgedanken, da kein Sinn im eigenen Leben erkannt werden kann. Über die Hälfte der InterviewpartnerInnen berichten zudem über konkrete gesundheitliche Auswirkungen, indem sie unter Schlaflosigkeit, Schlafstörungen oder Alpträumen litten.

Die wenigsten Schwierigkeiten haben sie um Umgang mit dem Gesundheitswesen (es gibt u.a. einige hilfreiche Aerzte) und in der Schule. “Die Einschulung von Sans- Papiers-Kindern ist seit längerer Zeit gängige Praxis und der Datenschutz im Normalfall problemlos gewährleistet”, schreibt der Ethnologe.

>> Download der Arbeit “Sans-Papiers: Lebensrealität und Handlungsstrategien. Eine deskriptive Studie illegalisierter MigrantInnen in der Region Bern” von Raphael Strauss

Bei andersdeutsch gibt es regelmässig Infos zum Thema, siehe u.a. die Beiträge Aus der Festung Europa und Illegalisierte kochen.

Swissinfo schreibt von einem Kampf gegen “Eheverbot” für Sans-Papiers und Solidarité sans frontières informiert über die Woche der MigrantInnen, die nächste Woche in der ganzen Schweiz stattfindet.

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Rund 100 000 Migranten leben ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Wer sind diese "Sans-Papiers"? Wie überleben sie im Schatten der Gesellschaft? Diese Fragen untersucht Raphael Strauss in seiner Lizenziatsarbeit am Institut für Sozialanthropologie der Uni Bern.

In der Arbeit,…

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Thomas Bargatzky – ein rechtsradikaler Ethnologe?

Er publiziert in angesehenen wissenschaftlichen Verlagen und hat auch ein Ethnologie-Einführungsbuch geschrieben. Im rechten Wochenblatt Junge Freiheit plädiert er für das Singen der Nationalhymne im Unterricht, wettert gegen den Islam und donnert “Europa muss christlich bleiben”. Thomas Bargatzky – ein rechtsradikaler Ethnologe?

Vorgestern tauchte ein Email in der Inbox auf:

“Dass es nicht nur Ethnologen gibt, die romantisierte Bilder verbreiten, sondern auch solche, die härtere Geschosse auffahren, beweist Thomas Bargatzky. Dieser ist schon länger Autor der rechtskonservativen Zeitschrift “Junge Freiheit”, die viele Schnittstellen und Kontakte mit Rechtsextremen hat.

Beigefügt waren ein paar Links zu Artikeln in der Jungen Freiheit, die ich gerade durchgelesen habe. Ja, der Ethnologe fährt in der Tat mit haerteren Geschossen auf, mit einem Gedankengut, das man bis vor etwa zehn Jahren hauptsächlich in rechtsradikalen Kreisen vorfand, nun aber stubenrein geworden ist.

Bargatzky wettert nicht nur gegen den Islam, sondern auch gegen die 68er-Generation und Homofile. Man kann ihn damit als Vertreter der neuen christlichen Rechte bezeichnen, die für konservative Familienwerte und einen ethnoreligioesen Nationalismus bekannt ist (er hat auch einiges mit anti-westlichen Okzidentalisten gemeinsam).

In Familie als kulturelle Universalie schreibt der an der Uni Bayreuth lehrende Ethnologe:

Die Familie ist ein Bollwerk gegen den Zugriff der Marktkräfte auf die Individuen. Es liegt daher auf der Hand, daß diese Kräfte über ihre Sprachrohre in den Parteien, den Nachrichtenmedien und der Unterhaltungsindustrie bei der Ehe als dem Angelpunkt der Familie in unserer Kultur ansetzen. Mit der Ehe soll zugleich die Familie aufgebrochen werden.

Vor diesem Hintergrund muß auch die Kampagne für die formelle Gleichsetzung “gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften” mit der Institution der Ehe gesehen werden. Die Ehe wird auf eine Ausdrucksform der individuellen “sexuellen Orientierung” reduziert und somit auch aus ihrer demographischen Funktion herausgelöst.
(…)
Wir dürfen nicht zulassen, daß sich – in welcher Partei auch immer – jene Fanatiker durchsetzen, die im Namen einer Totalemanzipation von der Natur uns nicht nur aus dieser, sondern aus der Kulturgemeinschaft mit dem Rest der Welt herauskatapultieren wollen.

Bargatzky liefert in seinen Texten eine akademische Legitimierung für anti-muslimische Aktivitäten. Er schreibt vom “Kampf der Kulturen” (sogar die Proteste der Jugendliche in den Pariser Vororten listet er hierfür als Bespiel auf!), von einem “Europa”, das vom “Islam” bedroht wird. Die Lösung ist christlicher Patriotismus.

In Europa muss christlich bleiben schreibt er:

Um dieser Bedrohung entgegentreten zu können, muß Europa Kraft schöpfen. Das kann jedoch nur gelingen, wenn es sich zuvor auf die Grundlagen seiner Identität besinnt. “Wer sind wir, was sind die anderen?” Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage stoßen wir unweigerlich auf das Christentum, das fast zweitausend Jahre in Europa identitätsstiftend gewirkt hat.
(…)
Auf christlichem Boden wuchs die Aufklärung empor, in deren Namen ihm Kritiker und Gegner entgegentreten können. (…) Die asiatische Denkweise kreist vor allem um die Idee der Pflichten gegenüber dem Gemeinwesen, in der christlichen Tradition steht dagegen das Individuum im Fokus der Zuwendung Gottes. Nirgendwo sonst, in keiner anderen Religion, wird das Individuum so wichtig genommen. Dies ist gleichsam das Hauptgeschenk des Christentums an die Menschheit.
(…)
Die herausragende Bedeutung des Individuums weist das Christentum im Grunde als die Religion der Moderne aus. Daß gerade individualistisch gesonnene Zeitgenossen heute in exotische Religionen flüchten, die ja gerade die Auslöschung des Individuums lehren, ist eines der großen Mißverständnisse unserer Zeit.
(…)
Europa muß christlich bleiben – oder es wird nicht mehr sein.
(…)
Sorgen wir auch durch eine nationalen Eigeninteressen verpflichtete Einwanderungspolitik dafür, daß nicht eines Tages in Europa nur noch Moscheen errichtet werden!

In Leitkultur oder Patriotismus kritisiert er die “von vielen herbeigeträumte multikulturelle Gesellschaft”. In diesen globalisierten Zeiten sei ein “Bekenntnis zur Nation” wichtiger denn je:

Das Bekenntnis zur Nation ist die Antwort auf die Frage nach der deutschen Identität (…). Nur sie kann die Aufgabe lösen, in einer Zeit des verstärkten Migrationsdrucks den Bewohnern eines bestimmten staatlichen Gebildes, welchen ethnischen Hintergrund auch immer sie haben mögen, gewisse gemeinsame Überzeugungen und Orientierungen näherzubringen, ohne die ein Gemeinwesen nicht bestehen kann. Die Zugewandtheit zur Nation hat einen Namen: Patriotismus.

Er kritisiert die 68er-Generation, die “zum Verfall identitätsstiftender Institutionen” beigetragen habe. Zu diesen zählt er “Sprache, Familie, Kirche, Schulen, Universitäten, Streitkräfte, aber auch Theater, Sinfonieorchester, Opernhäuser”:

Jede dieser Institutionen stellt, für sich genommen, eine Verfallsgeschichte dar, denn seit der unseligen “Revolution” von Achtundsechzig gilt eine anti-institutionalistische Haltung in Deutschland als chic, sie ist geradezu eine Signatur unserer Zeit. Das geistig-moralische Vakuum, das heute den Ruf nach einer Leitkultur in Deutschland laut werden läßt, entstand als Folge jenes Bruchs mit tradierten Institutionen, Symbol- und Wertesystemen.

Patriotismus, schreibt er, muss seinen “Ausdruck in eingängigen Symbolen finden” – und diese müssen gepflegt werden – die USA könnte als Vorbild dienen::

Könnten nicht auch wir in Deutschland von anderen Nationen etwas über die Pflege dieser Symbole – cultura! – lernen und zum Beispiel das Hissen der Flagge auf dem Schulhof und das gemeinsame Absingen der Dritten Strophe des Deutschlandliedes durch Lehrer und Schüler in unser Schulwesen übernehmen? Wenigstens einmal im Monat oder zu Beginn des Schuljahres und vor dem Nationalfeiertag?

Der Ethnologe ist auch einer der Autoren des Buches „Gegen die feige Neutralität – Beiträge zur Islamkritik“, worüber bei Indymedia eine aufschlussreiche Besprechung erschienen ist.

Auf seiner Uni-Homepage macht er übrigens Werbung für Praktikumsstellen bei der Bundeswehr. Da ist auch ein Link zum Forum für Kultur und Sicherheit wo “Experten über Probleme der Interkulturalität in Zusammenhang mit Fragen der Sicherheit berichten” – zwei der fünf Experten stammen vom Militär, der dritte ist Polizist.

Einer Rezension in der Zeitschrift für Religionswissenschaft zufolge operiert Bargatzy mit “evolutionären Gesellschafts- und Religionskonzepten”.

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Journal Ethnologie: “Tribal Colleges”, Nunavut, Indianer-Tourismus und heimliche Gesänge

Journal Ethnologie macht keine Sommerpause. Die vierte Ausgabe dieses Jahres ist im Netz und handelt von Indianern und Inuit in Nordamerika.

Sehr spannend ist der Text von Anne Grob. Tribal Colleges. Indianisch geführte Universitäten als Symbole von Hoffnung und Stolz heisst er und basiert auf ihrer Magisterarbeit. Trotz ihrer Bedeutung für indianische Gemeinschaften seien diese Hochschulen, die teils auch Magisterabschluesse anbieten, kaum bekannt, lesen wir.

Ein Großteil der Tribal Colleges befindet sich weitab von Städten und in der Nähe von Reservationen. Sie bieten Leuten eine Hochschulausbildung, die für viele sonst nur schwer zu erreichen wäre. Die Autorin zitiert einen Experten, der die Entstehung von Tribal Colleges als “die wichtigste Entwicklung innerhalb indianischer Gemeinschaften seit dem Zweiten Weltkrieg” bezeichnet.

Obwohl sie allen offenstehen, sind die meisten Studenten “Native Americans”. Das Lehrpersonal besteht jedoch hauptsächlich als nichtindianischen Personen. Doch der Anteil an indianischen Dozenten nimmt zu, schreibt Anne Grob

>> zum Text in Journal Ethnologie

Sehr interessant ist auch der Text Navajo Zeremoniallieder der 1930er-Jahre zwischen dynamischer Tradition, Kulturerbepolitik und Political Correctness von Rainer Hatoum. Eine 1300 Wachswalzen umfassende Sammlung von Heilgesängen, die im Berliner Phonogramm-Archiv aufbewahrt wird, soll den Navajo wieder zur Verfügung gestellt werden. Wie wäre es z.B. mit einer CD mit diesen Gesängen? Doch längst nicht alle Navajo sind von dieser Idee begeistert:

Weite Teile der Klah-Sammlung wurden aus „Navajo-Perspektive“ nicht nur im Hinblick auf ihre Nutzbarkeit als „wertlos“ betrachtet, sondern von einer Reihe von Gesprächspartnern als geradezu „gefährlich“.
(…)
Für strenggläubige Navajo handelt es sich bei den Klah-Aufnahmen um ein Gut, das überhaupt nicht existieren dürfte und mit dem man in dieser vollkommen unkontrollierten Form nichts zu tun haben möchte. Für diese Gruppe von Gesprächspartnern ist „Wissen“ im wahrsten Sinne des Wortes „Macht“.

>> zum Text in Journal Ethnologie

Torsten Diesel war auf Feldforschung in Iqaluit, der Hauptstadt Nunavuts. Im Text Nation Building in Nunavut. Kulturelle Identität und politische Symbolik erfahren wir, dass Nation Building der politischen Elite Nunavuts “monokulturell” ausgerichtet ist mit nur wenigen “multiethnischen Ansätzen”.

Indianerreservationen werden als Reiseziele immer wichtiger. Davon berichtet Markus H. Lindner im Artikel Indianer-Tourismus in Nordamerika. Chance und Gefahr

Der Text von Susanne Jauernig gibt uns einen Einblick in die Keramiktradition in Zuni, New Mexico/USA

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Sehr spannend ist der Text von Anne Grob. Tribal Colleges. Indianisch geführte Universitäten als Symbole von Hoffnung und Stolz…

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