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Problematische Weltmusik und argentinische Klassik: Neue Ethmundo über Musik

Die Studierendenzeitschrift Ethmundo scheint keine Sommerpause zu machen. Soeben ist die allerneueste Ausgabe ins Netz gestellt worden – und zwar zu einem besonders spannenden ethnologischen Thema: Musik.

Wie so oft haben die Autorinnen und Autoren eine breite Perspektive angelegt mit Beiträgen aus der ganzen Welt.

Hervorheben möchte ich den Beitrag von Irene Marti, die in Basel Ethnologie und Soziologie studiert. In Wie das Label „World Music“ soziale Realitäten vereinfacht – Ein Beispiel aus Kamerun erklärt sie uns, warum der Begriff “Weltmusik” problematisch ist. Auf der einen Seite ist der Begriff ethnozentrisch: Der Begriff, schreibt sie, reproduziert den “Dualismus zwischen dem „Westen“ und dem „Rest der Welt“ und rückt Europa unreflektiert in den Mittelpunkt. Ausserdem verleitet er uns dazu, Musik mit zweifelhafter politischer Schlagseite unkritisch zu verherrlichen, wie sie anhand eines Beispiels aus Kamerun zeigt.

Sehr interessant ist auch das Interview, das Bianca Schäfer mit dem argentinischen Ethnomusikologen Lucio Bruno-Videla geführt hat über die globalen Einflüsse der argentinischen Klassik, die von Menschen aus afrikanischen Ländern, von indigene Bevölkerungsgruppen, Italieniener, Franzosen usw geprägt wurde.

Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts, lesen wir, war Argentinien ein internationales Zentrum der Künste, Literatur, Architektur, Malerei und Musik. Doch bald gerieten die schönen Künste und mit ihr die klassische Musik schnell in Vergessenheit. Im Instituto de Investigación en Etnomusicología versucht man, dieser Tendenz entgegenzuwirken, schreibt Bianca Schäfer, die gerade in Buenos Aires studiert.

>> zur neuen Ausgabe von Ethmundo

Die Studierendenzeitschrift Ethmundo scheint keine Sommerpause zu machen. Soeben ist die allerneueste Ausgabe ins Netz gestellt worden - und zwar zu einem besonders spannenden ethnologischen Thema: Musik.

Wie so oft haben die Autorinnen und Autoren eine breite Perspektive angelegt mit…

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Ehre und Scham: Ist das die Rolle von Ethnologen?

Haben Deutsche keine Ehre? Ist Denken und Handeln in Ehre- und Schamkategorien etwas Vormodernes, das man nur bei Einwanderern findet? Diesen Eindruck hinterlässt jedenfalls die Lektüre der neue Ausgabe von Journal Ethnologie zum Thema Ehre und Scham.

Die Texte handeln nämlich nicht um weisse Männer, die aus verletztem Ehrgefühl Ehefrau und Kinder umbringen oder Politiker und Manager, die Selbstmord begehen oder Dorfbewohner auf der Schwäbischen Alb, die darauf aufpassen, dass immer die Fassade stimmt und man als ehrenhafter Bürger aufgefasst wird.

Die Texte handeln dagegen um Georgien oder Albanien – und um Ehrenmorde, die von Einwanderern begehen werden. Es wimmelt von Generalisierungen. Und Ehre und Scham als ein Prinzip dargestellt, das eigentlich durch “Modernisierung” überwunden sein sollte, aber in unseren Breitengraden “im Zusammenhang mit der Lebensgestaltung von Migranten im urbanen modernen Europa plötzlich wieder auftaucht”.

Bringt uns diese Perspektive weiter? Stimmt sie mit der Wirklichkeit überein? Welches Bild wird von den sogenannten “anderen” vermittelt? Was wird indirekt über die Mehrheitsgesellschaft in nördlicheren Breitengraden ausgesagt?

Vielleicht bin ich wieder zu kritisch, doch die Texte scheinen mir ein Grundproblem deutscher Ethnologie zu illustrieren, das ich schon mehrmals thematisiert habe, siehe Ethnologie-Einführungen und die Sonderstellung der deutschen Ethnologie und Vermitteln Ethnozentrismus und ein ueberholtes Bild von der Ethnologie? sowie Ethnologen, raus aus der Kulturfalle!

Haben Deutsche keine Ehre? Ist Denken und Handeln in Ehre- und Schamkategorien etwas Vormodernes, das man nur bei Einwanderern findet? Diesen Eindruck hinterlässt jedenfalls die Lektüre der neue Ausgabe von Journal Ethnologie zum Thema Ehre und Scham.

Die Texte handeln nämlich…

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Schwarze Zähne und gelbe Haare: Jubiläums-Ethmundo über Schönheit

Das Ethnologie-Magazin Ethmundo feiert Jubiläum: Der 10. Themenschwerpunkt dreht sich um die Frage “Was ist Schönheit?”

Viele interessante Texte erwarten uns da, u.a. Schwarze Zähne und gelbe Haare – Schönheitsideale in Japan von Rüdiger Burg. Er beschreibt mehrere Jugendkulturen, die dominierende Schönheitsideale in Japan herausfordern. Dort gilt u.a. bleiche weisse Haut als schön (waren deswegen die japanischen Touristen, die ich in der syrischen Wüste sah, so verhüllt und trugen Sonnenschirme?).

Die Ganguro z.B. tun beispielsweise alles erdenkliche, um einen möglichst dunklen Teint zu haben, schreibt er:

Die auch Orange Girls genannten Teenagerinnen schlucken Beta-Carotin-Tabletten und benutzen Selbstbräuner. Ihr Ziel ist zwar nicht, wie eine Südfrucht auszusehen, eine orangene Haut ist aber oft das Ergebnis ihrer kosmetischen Selbstbehandlung.(…) Die für Japaner typischen dunklen Haare bleichen sie bis diese blond sind. Die extremsten Ganguro färben ihren Schopf leuchtend gelb. Sie nennen sich Yamamba, was auf Deutsch Berghexe bedeutet.

Als eines von wenigen Ländern in der Welt bietet Brasilien staatlich finanzierte Schönheitsoperationen an. Caro Kim hat einen sehr spannenden Artikel über den Zusammenhang von Schönheitsoperationen, Rassismus und Armut geschrieben.

(Operierte) Schönheit als Weg aus der Armut, schreibt sie, ist in Literatur und Zeichnungen, moderne Märchen und Telenovelas ein immer wiederkehrende Motiv. “In den Favelas von Brasilien, in denen der Zugang zu Bildung limitiert ist, wird der schöne Körper zur primären Ressource, zur Basis von Identität und zu einer populären Form der Hoffnung”.

Schönheit bezieht sich hier hautsächlich auf die Hautfarbe. Denn je dunkler die Haut, desto marginalisierter der soziale Status. Eine häufige Operation nennt sich “Korrektur der negroiden Nase“.

Das nationale Ideal von Schönheit besteht aus einer Mischung (mestiçagem) aus Schwarz und Weiss:

Mischung ist schön, da sie das auffällig Afrikanische verschwinden lässt und dabei ein anderes ethnisch klassifiziertes Ideal, morenidade, zur ästhetischen Norm erhebt. Und innerhalb der Mischung ist es eine bestimmte Mischung – die ausgeglichen afrikanisch-europäische, nicht die indigen-europäische – die als schön konstruiert wird.

Ethmundo ist vermutlich derzeit das aktivste studentendominierte Ethnomagazin im Netz – vor allem nachdem es stiller geworden ist um die Ethnologik. “Was als kleine studentische Idee begonnen hat, ist nun zu einem Projekt geworden, das sich ständig weiterentwickelt und auf das wir stolz sind”, schreibt Caro Kim in der Einleitung:

Die zeitweilige Sorge, dass mit Beendigung des Studiums der Kernredaktion auch Ethmundo ein Ende finden würde, ist kleiner geworden. Denn für einen solchen Untergang ist Ethmundo in seiner zehnten Ausgabe schon zu groß und zu bekannt. Wir entwickeln uns also mehr und mehr zu einer offenen Redaktion, die nicht mehr fest an einen Ort gebunden ist, und an der sich Gastautoren aus vielen verschiedenen Städten beteiligen.

Das Ethnologie-Magazin Ethmundo feiert Jubiläum: Der 10. Themenschwerpunkt dreht sich um die Frage "Was ist Schönheit?"

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Tote Links im Journal Ethnologie

Journal Ethnologie, eine der wenigen Ethnologiezeitschriften, die an die breite Öffentlichkeit gerichtet ist, hat seine Webseite neugestaltet und dabei vergessen an seine Leser zu denken. Bisherige Links funktionieren nicht mehr.

Wie so oft, wenn Webseiten aufgepeppt werden oder eine neue Publikationsloesung gewählt wird, ändern sich die URLs, die Webseitenadressen der Artikel. Viele Webmaster vergessen, dass Webseiten keine Inseln sind, sondern Teil eines weltweit verbundenen Netzes. Wir alle bookmarken Webseiten, linken zu ihnen, wenn wir über sie bloggen, darüber diskutieren oder in wissenschaftlichen Arbeiten sie als Quelle angeben.

Zum Beispiel führen nun alle Links in einer meiner letzten Beiträge über Journal Ethnologie nicht mehr zu den jeweiligen Artikeln, sondern, da sich die Adresse geaendert hat, auf die Vorderseite des Magazins. Viel Spass beim Suchen der Texte!

Was hätten die Webmaster von Journal Ethnologie tun sollen? Eine Weiterleitung einrichten! Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, solche Weiterleitungen einzurichten (Beispiel).

Tote Links sind ein grosses Problem in Netz. Zum Beispiel sind meine Einführungstexte zur Wirtschaftsethnologie und den Inuit (geschrieben vor meiner Abschlusspruefung in 2001) unbrauchbar geworden, da die meisten Links ins Leere führen. Auch viele Texte, über die ich auf antropologi.info gebloggt habe, sind nicht mehr auffindbar.

Journal Ethnologie, eine der wenigen Ethnologiezeitschriften, die an die breite Öffentlichkeit gerichtet ist, hat seine Webseite neugestaltet und dabei vergessen an seine Leser zu denken. Bisherige Links funktionieren nicht mehr.

Wie so oft, wenn Webseiten aufgepeppt werden oder eine neue Publikationsloesung…

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Neue Ausgabe von Journal Ethnologie ueber Georgien

“Seltsames Gefühl. Seit Jahren bereiteten wir ein Forschungsprojekt zu Georgien vor. Nach vier Jahren reichten wir endlich den Projektantrag ein und zu unserer großen Freude wurde das Projekt bewilligt. Kurze Zeit später geht das Land, in dem wir forschen wollten, in Flammen auf. Es war der 8. August: Georgien überfiel Zchinwali in Südossetien und Russland überfiel Georgien.”

So beginnt der einleitende Artikel Georgien. Eine Annäherung von Stéphane Voell in der neuen Ausgabe von Journal Ethnologie zum Thema Georgien. Wir finden darin auch einen Text ueber „Meskhetische Türken“, die eigentlich so gar nicht genannt werden wollen. Ethnologin Natia Jalabadzewar entdeckte kulturelle Traditionen aus christlicher und vorchristlicher Zeit im Leben der Meskheter. Im Text Christen oder Muslime? „Meskhetische Türken“ in der georgischen Samtredia-Region erklaert sie die Hintergruende.

Ausserdem i dieser Ausgabe: Über Rituale, Weinkeller und den Fortschritt auf dem Land. Eine deutsch-georgische Exkursion nach Chewsuretien und Kachetien (Von Godula Kosack), Georgien – ein Land mit vielen Bevölkerungsgruppen (von Ulrike Krasberg) und Begegnungen im Kaukasus (von Elke Kamm)

In Georgien leben viele Bevoelkerungsgruppen. Das Land hat eine internationale Geschichte. Dennoch reden die Autoren meist ueber “ethnische Gruppen” als feste Einheiten. Den Eindruck hatte ich zumindest nach einem Ueberfliegen der Texte.

“Immer wieder marschierten Völker nach Georgien ein und teilten die Region unter sich auf. Durch die Jahrhunderte konnte – nach Meinung vieler Georgier – die nationale Identität aber erhalten bleiben”, schreibt Stéphane Voell. Doch ist es nicht eher so, dass nationale oder ethnische Identitaet erst in Abgrenzung zu anderen Gruppen entsteht?

"Seltsames Gefühl. Seit Jahren bereiteten wir ein Forschungsprojekt zu Georgien vor. Nach vier Jahren reichten wir endlich den Projektantrag ein und zu unserer großen Freude wurde das Projekt bewilligt. Kurze Zeit später geht das Land, in dem wir forschen wollten,…

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