Gross sind die Unterschiede zwischen skandinavischer / britischer und deutschsprachiger Ethnologie. Darin erinnert ein interessanter Beitrag von Thomas Schmidinger auf Risse im Context XXI.
Seine Argumente hoeren sich bekannt an. Die deutschsprachige Ethnologie ist mir auch immer sehr altbacken vorgekommen, auf nationalromantischen Ideen von "Nation" und "Volk" beruhend. Anstatt - wie in Norwegen oder England ueblich - Menschsein ansich mit teilnehmender Beobachtung zu studieren, klammern sich immer noch viele deutschsprachige Ethnologen an ueberholten Ideen wie dem Studium von nationalen und ethnischen "Kulturen".
Schmidinger zeigt im Artikel, wie weit Ansichten, die man teils als rassistisch bezeichnen kann, immer noch in der deutschsprachigen Ethnologie verbreitet sind. Er zitiert aus Vorlesungen am Institut für Sozial- und Kulturanthropologie in Wien, das bis vor kurzem noch Institut für Völkerkunde hiess und nennt Beispiele aus dem Standard-Woerterbuch von Walter Hirschberg, in dem offen von "rassischen Merkmalen" die Rede ist (und auch von sogenannter "voelkischer Einheit", wie ich in meiner Lizenziatsarbeit anmerkte).
Er kritisiert auch die "weitgehende Theoriefeindlichkeit vieler VölkerkundestudentInnen". "Da hört mensch sich lieber nette Geschichten von afrikanischen oder indischen Göttern an oder lauscht gebannt Erzählungen über möglichst exotische "Indianer" oder Aborigenes." Seine Forderung: Begriffe "Kultur" und "Identität" hinterfragen. Volkerkunde abschaffen! Stattdessen ein Studium einer "internationalen Kulturwissenschaft", einer "vergleichenden Soziologie", die sich mit der Menschheit auf dem gesamten Planeten beschäftigt.
>> zum Text 'Völkerkunde'' abschaffen! (Link aktuallisiert 12.4.2020)
SIEHE AUCH
Diskussion von Kultur, Nation und Ethnizität in der Ethnologie (Auszug aus meiner Lizarbeit "Wessen Kultur bewahren?")
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