"Ein Zoobesuch mit Überraschung: Für vier Tage entsteht im Augsburger Tierpark ein afrikanisches Dorf. Um eine einmalige afrikanische Steppenlandschaft gruppieren sich Kunsthandwerker, Silberschmiede, Korbflechter, Zöpfchenflechter."
So preist der Augsburger Zoo die Veranstaltung "African Village", meldet die Frankfurter Rundschau.
Vom 9. bis zum 12. Juni zwischen Pavian- und Zebragehege. Wissenschaftler aus dem In- und Ausland sowie Initiativen von Menschen dunkler Hautfarbe haben in Aufrufen und Protestbriefen die Zoodirektion aufgefordert, das "African Village" abzusagen. Der Zoo sei ein Tierpark; Afrikaner dort einem europäischen Publikum vorzuführen, bedeute, sie als primitive Wesen zu stigmatisieren und eher der Natur als der Kultur zuzuschreiben. >> weiter
ANMERKUNG:
Rassismus tritt oft nur indirekt in Erscheinung. Dies ist eines von vielen Beispielen. Diese Art von Rassismus ist gefaehrlicher als jener, der offen artikuliert wird. Wie weit verwurzelt rassistische Vorstellungen sind, wurde in letzter Zeit besonders in der Berichterstattung ueber Urbevoelkerungen auf den Andaman-Inseln in Verbindung mit der Tsunami-Katastrophe deutlich. Aehnliches wird ausgedrueckt in der Darstellung von Indianern als Kannibalen in einem neuen Disney-Film und im Computer-Spiel Civilisation IV.
UPDATE 20.6.05:
Radio interview on African Village/ "Germans & Japanese less sensitive about race"
UPDATE 13.6.: African Festival im Zoo in Detroit, African Nights im Londoner Zoo
UPDATE 10.6.05
African Village eröffnet, afrikanische Aussteller zeigen kein Verständnis für Kritik
UPDATE 6.6.05:
Strafanzeige gegen die Augsburger Zoodirektorin
UPDATE 2.6.:
Presserklärung von Augsburgs OB: "Zoo ein adäquater Veranstaltungsort"
Neues Deutschland schreibt: Sollten die Veranstalter an dem Veranstaltungsort Zoo festhalten, wollen die Kritiker zu Aktionen vor Ort aufrufen.
Die WELT zeigt wenig Verstaendnis fuer Kritik an der Veranstaltung und zitiert mehrere Afrikaner, die "Verbindung von Exotik mit Afrikanern und afrikanischer Kultur als geradezu trefflich" ansehen.
UPDATE (1.6.05):
Unbedarftheit gegenueber kolonialer Vergangenheit": taz berichtet ueber African Village
Jungle World: Neuzugänge im Zoo
German Foreign Policy schreibt heute: "Wie die Augsburger Zooverwaltung bestätigt, werden vor den weißen Besuchern Schwarze auftreten, die sich neben Affenkäfigen darbieten dürfen"
UPDATE (29.5.05): "Nähe zu Völkerschauen": Tagesspiegel kritisiert "afrikanisches Dorf" im Zoo
UPDATE (31.5.05)
Nun wird dazu auch eifrig diskutiert auf politikforen.de und im Nigeria-Forum. sowie in einem gewissen Forum im erotischen Sekretariat. Gewachsen ist der Eintrag Voelkerschau in der Wikipedia und Madame Martin verbreitet die Nachricht im franzoesischsprachigen Teil des Netzes.
MEHR DAZU:
An African village in the Zoo: International protest against racist exhibition
Diskussion auf Ethno::log zum Thema
Völkerschau im Augsburger Zoo - Protestschreiben mit Antwort der Museumsdirektorin
Afrikaner im Zoo / Wir protestieren! (ISD Online - Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland)
Protestbrief von Joe Otim Dramiga, Voice of the Voiceless International Uganda e.V. (VOVI ) Köln
Neue Völkerschauen in Europa? Reinhold Messner will "interaktiv" lebende Menschen ausstellen - Proteste gegen "afrikanisches Pygmäendorf" in Belgien (Tourism Watch, Oktober 2002)
INFO UEBER VOELKERSCHAUEN
Kurt Jonassohn, On A Neglected Aspect Of Western Racism: From the beginning of the 1870s to the end of the 1930s - the exposition of so-called exotic peoples in zoological gardens attracted a huge public (Montreal Institute for Genocide and Human Rights Studies)
"Das Fremde hautnah - Völkerschauen" (Museum für Völkerkunde Hamburg - auffallend unkritisch geschrieben!)
11.3.1874: Hagenbecks Exotenschau: Neben dem Affenkäfig eine Gruppe Afrikaner. Die Menschen im Zoo gaffen (Kalenderblatt Deutsche Welle) (via Weblog Menschenrechte)
Völkerschau - mit vielen Originalzitaten. Ein Kapitel aus Stefan Nagel: "Die Schaubude". Beispiel: “Interessant sind auch die vier Buschmänner, in der nebenstehenden Bude, seltsame den Affen ähnelnde Menschenrace, auf der untersten Stufe der Cultur. Doch scheinen sie sehr guthmütig zu sein, wie sie denn auch jede halbe Stunde vor den Zuschauern bereitwillig ihre Sprünge und Tänze wiederholen.” (Der Courier an der Weser 1854)
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