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“Internet verändert Organisation der Menschheit”

Das Internet wird zu einem grundlegenden Wandel menschlicher Selbstorganisation führen. Die traditionelle, ortsgebunde Gesellschaft ist ein “Auslaufmodell”. An ihre Stelle treten global verstreute Netze.

Das meint Manfred Faßler, Professor am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Goethe Universität in Frankfurt, lesen wir auf futurezone.at.

Technologische und wirtschaftliche Entwicklungen werden künftig in globalen Netzwerken organisert. Die Nationalstaaten werden vom Netz auskonkurriert. Staatliche Versuche, das Netz und die Informationsströme zu regulieren, seien Ausdruck dieses Hegemoniekonflikts, so Faßler.

Im ORF gibt es ein längeres Interview mit dem Medienforscher “über Chancen und Grenzen der Selbstorganisation im Netz, die Zensurversuche des Nicolas Sarkozy und über die Zukunft von Kaninchenzüchtervereinen”.

Manfred Faßler war in der Diskussionreihe “twenty.twenty – Exploring the Future” im HUB Vienna zu Gast. Die Videodokumentation seines Vortrags soll im Laufe des Tages auf der Website von twenty.twenty zu sehen sein.

Doch sind nicht einige dieser globalen Strukturen längst Wirklichkeit und haben schon vor dem Internet existiert? Gleichzeitig haben Nationalstaaten an Bedeutung gewonnen, was wir u.a. in der Migrationspolitik sehen.

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Das Internet wird zu einem grundlegenden Wandel menschlicher Selbstorganisation führen. Die traditionelle, ortsgebunde Gesellschaft ist ein “Auslaufmodell”. An ihre Stelle treten global verstreute Netze.

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Humanismus + Kosmopolitismus + Anthropologie = humane Weltkultur?

Wie kann eine humane Weltkultur aussehen, die Erfahrungen der europäischen Welt nicht Massstab aller Dinge macht? Dieser Frage geht Ethnologie Christoph Antweiler in seinem neuen Buch Mensch und Weltkultur. Für einen realistischen Kosmopolitismus nach.

In diesem Buch verbindet er Ideen des Humanismus und Kosmopolitismus mit der Anthropologie.

“Es geht um die Suche nach gemeinsamen Orientierungen für eine Menschheit auf einem stark vernetzten und gleichzeitig begrenzten Planeten”, schreibt er in der Einleitung (pdf). Sein Ziel: Ein Humanismus “jenseits eurozentrischer Beschränkungen, der die kulturellen Unterschiede ernst nimmt”. Die neuere kosmopolitische Diskussion vernachlässige nämlich die kulturellen Aspekte.

Ich suche mit Mitteln der Ethnologie bzw. Kulturanthropologie in empirischer Weise nach Gemeinsamkeiten vieler oder sogar aller Kulturen, nach Kulturuniversalien, kurz ›Universalien‹. Sie würden nicht einfach globalisierbare Werte abgeben, aber immerhin eine Ausgangsbasis für zu schaffende gemeinsame Orientierungen.

Ein spannendes Projekt, das auf seinen früheren Büchern über die Gemeinsamkeiten unter den Menschen aufbaut: Heimat Mensch und Was ist den Menschen gemeinsam? Im Gegensatz zu Heimat Mensch ist sein neues Werk jedoch ein rein akademischer Text mit obligatorischem Jargon und (oft unnötigen) Fremdwörtern wie “emergieren”, “kommensurabel” oder “ubiquitär”.

Soziologen wie Ulrich Beck sprechen euphorisch vom Kosmopolitismus unserer Zeit, alles sei im Fluss, mobil und hybride. Antweiler ist da etwas mehr zurückhaltend. Ein weltweites ›Wir‹-Bewusstsein existiere noch nicht. Eine Weltgesellschaft sei erst am Entstehen.

Interessant: Wenn sich nun ein weltweites Wir-Gefühl entwickele, so sei dies nicht aufgrund unserer Gemeinsamkeiten, meint er:

“Das Bewusstsein einer gemeinsamen Menschheit und gemeinsamer Überlebensprobleme kommt eher dadurch auf, dass man sich immer mehr die Unterschiede verdeutlicht. Menschen werden sich dabei immer mehr darüber klar, dass nationale Besonderheiten und Zivilisationsunterschiede starke Bindungen und Interdependenzen erzeugen. Dies ergibt sich durch den zunehmenden reziproken Austausch und das immer notwendiger werdende Aushandeln von Kompromissen, um Konflikte zu begrenzen (Rossi 2008: 436).”

Im Gegensatz zu anderen Forschern, die sich mit transnationalen Fragen befassen, hält er am vielkritisierten Konzept der “Kulturen” fest. Seine Position hatte er mir in einem Interview erläutert. Dennoch bleibt mir unklar, was er meint, wenn er schreibt: “Angesichts der planetaren Vernetzung braucht die Menschheit den Dialog zwischen Kulturen mehr denn je.” Wer soll da mit wem reden? Wer representiert wen? Ist jeder Mitglied einer Kultur?

Ich kann mir vorstellen, dass nicht jeder mit Antweiler einig ist, wenn er schreibt dass “die wissenschaftlich-technische Zivilisation” “ihren Ursprung großteils in westlichen Ländern” hat oder “Wer etwa versucht, Menschenrechte im Konfuzianismus, Bud- dhismus oder im Islam wiederzufinden, ist oft gezwungen, die Quellen unkonventionell zu lesen, eine Minderheiteninterpretation zu wählen oder wenigstens eine innerkulturell umstrittene Lesweise tradierter Texte zu vertreten (Barnhart 2001: 47; Hood 2001: 96).

Ich habe mir nur die Einleitung angeschaut.

>> mehr Information zum Buch beim Transcript Verlag

>> Leseprobe: Einleitung

>> ausführliche Besprechung auf socialnet.de

>> Rezension bei der Humanistischen Akademie

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In diesem Buch verbindet er Ideen des…

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Migrationsboom in Museen: Stadtgeschichte wird Weltgeschichte

Migration ist offenbar ein populäres Thema in deutschen Museen geworden. Im Tagesspiegel schreibt Manuel Gogos von einem regelrechten “Migrationsboom”.

Forscher “mit Migrationshintergrund” sind auch daran beteiligt und schreiben z.B. in Stuttgart Ausstellungskonzepte. Migranten haben sich schon lange für die Dokumentation der Einwanderungsgeschichte Deutschlands engagiert, betont Gogos und verweist auf das Migrationsarchiv Domid (wo er selber auch mitgeschafft hat).

“Die transnationale Gastarbeiterära wird zur nationalen Erinnerung und Migration zum Thema öffentlicher Repräsentation. Das bezeugt eine nachholende Anerkennung von Geschichte und Gegenwart der Migration”, kommentiert der Autor und Ausstellungsmacher. Stadtgeschichte werde Weltgeschichte.

Doch trotz dieses Booms werde der Ruf nach einem zentralen Migrationsmuseum in Deutschland von der deutschen Kulturpolitik nicht erhört. In zahlreichen europäischen Ländern seien solche Museen in der Diskussion. Als erstes bedeutendes Einwanderungsmuseum eröffnete im Oktober 2007 die Pariser Cité Nationale de l’Histoire de l’Immigration.

>> weiter im Tagesspiegel

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Sarrazin-Protest: Ethnologin Sabine Hess hatte Recht

Soll man einem Rassisten ein Podium bieten? Heisse Debatten wurden vor dem Auftritt des Thilo Sarrazin im Münchner Literaturhaus geführt. Ethnologin und Migrationsforscherin Sabine Hess hat einen offenen Brief verfasst, in dem sie und viele andere Wissenschaftler fordern, die Veranstaltung abzusagen.

In einem Interview mit München-TV sagt sie:

– Klar, es gibt viele, die auf die Debatte setzen, die glauben man könnte diese Art von Thesen sachlich was entgegensetzen. Ich glaube das nicht. Sarrazin hat die Macht, die Medien hinter sich, es ist eine absolut schiefe Debatte. Von daher könnte das Literaturhaus sich durchaus erlauben, die Diskussion anders zu führen und nicht mit dem Herrn selbst.

Die Veranstalter jedoch liessen sich von ihrem Vorhaben nicht abbringen. Die Debatte fand statt. Und es scheint, als hätte die Ethnologin Recht gehabt.

Das wird bereits in der Einleitung des Berichtes in der Sueddeutschen klar.

“Die Voraussetzungen für eine sachliche Debatte wären blendend gewesen. Doch am Ende gerieten gutgekleidete Grauköpfe ins Geifern”, schreibt Peter Fahrenholz dort. Argumente waren nicht gefragt – und ja, die Debatte war schief, sehr schief:

Da wurde gezischt, gebuht und lautstark dazwischen gerufen, wenn die beiden anderen Podiumsteilnehmer, Handelsblatt-Chefredakteur Gabor Steingart und der Soziologie-Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Armin Nassehi, es wagten, Sarrazin zu kritisieren.
(…)
Nassehi ging es noch schlimmer, als er auszuführen versuchte, warum Sarrazins These von der biologischen Vererbung von Intelligenz Unsinn sei, weil sich bestimmte Merkmale und Verhaltensweisen sozial vererben würden. “Aufhören”- und “Oberlehrer”-Rufe schallten dem Professor entgegen und als Nassehi dann Thilo Sarrazin einen “Kleinbürger” nannte, der mit einer ungeordneten Welt nicht klar komme, verlor das Publikum endgültig seine Contenance.
(…)
Sarrazin (…) wurde durch seine Fans im Saal so euphorisiert, dass er seine beiden Kritiker auf dem Podium einfach nur anpampte, gewürzt mit einer gehörigen Prise Selbstgerechtigkeit. Keinen einzigen Fehler hätten sie ihm nachweisen können (obwohl sie genau das getan hatten), behauptete Sarrazin und attestierte Steingart “krassen Unfug” zu reden, während er Nassehi vorhielt: “Da haben Sie einfach nur Albernes aus dem Feuilleton vorgetragen”.

“Seine Gegenspieler auf dem Podium haben kaum eine Chance”, vermeldet auch die Abendzeitung und schliesst mit den Worten: “Dem friedlichen Zusammenleben, in der Halle und in der Gesellschaft, dient die Diskussion nicht.”

Das Literaturhaus München hat weitere Pressestimmen gesammelt, darunter befindet sich eine ausführliche Dokumentation der Debatte im Handelsblatt, ein Radiobericht in Bayern 2 und ein Video vom Bayrischen Fernsehen.

Ende August ist auch ein Protestschreiben gegen einen Auftritt von Thilo Sarrazin im Haus der Kulturen der Welt in Berlin verfasst worden.

Urmila Goel dokumentiert Sarrazins Rassismus ausführlich und verweist auf eine neue Anti-Sarrazin-Initiative: Demokratie statt Integration.

Im Magazin Ethmundo beschreibt Rüdiger Burg Sarrazin als “Tabubrecher”. Doch vermutlich verhält es sich eher umgekehrt. Einen Tabubruch, das stellt heutzutage das Verfechten kosmopolitischer Ideale dar.

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Oktoberfest: Was steckt hinter dem Trachtenboom?


Vom Oktoberfest 2008. Foto: La inquieta mirada , flickr

“Globalisierung macht Hirtenkultur cool” schrieb ich vor vier Wochen. Doch nicht nur in der Schweiz sind Trachten und alte Traditionen wieder angesagt. Mehrere Zeitungen berichten von einem Trachtenboom in Deutschland.

Deutschland macht auf Tracht, meldet die Mainpost: “Nicht nur in den Festzelten auf dem Oktoberfest in München schunkeln die Deutschen in Schürze und Krachlederner. Auch bundesweit steigt die Nachfrage nach zünftiger Trachtenmode.”

“Vor 15 Jahren noch hätten Teenager sich dafür geschämt, heute geht kaum mehr eine ohne Dirndl auf die Wiesn. Ein Ende des Trachtenbooms ist nicht in Sicht”, behauptet Focus.

Chris Tomas macht sich in einem satirischen Beitrag in der Süddeutschen gar Sorgen ueber den Trend und bezeichnet das Dirndl als bayrische Burka.

In sämtlichen Medien spielt die Forschung der Ethnologin Simone Egger von der Uni München eine zentrale Rolle. Sie ist Verfasserin des Buches Phänomen Wiesntracht: Identitätspraxen einer urbanen Gesellschaft. Dirndl und Lederhosen, München und das Oktoberfest. Das Buch basiert auf ihrer Magisterarbeit.

Sie erzählt vom Zusammengehörigkeitsgefühl, den die Tracht auf Festen schafft, aber auch dass Dirndl und Leserhosen anscheinend für viele nur ein Party-Gag sei. Der Boom habe vor zehn Jahren begonnen. “Eine Mode wäre nach ein paar Jahren vorbei gewesen. Da muss mehr dahinterstecken als nur ein Trend”, sagt sie im Spiegel.

Interessant ist auch die Rolle von Migration. Migrierende Münchner tragen ihre Traditionen mit in ihre neue Heimat, und umgekehrt sorgt die hohe Zuwanderungsrate der Stadt dafür, dass Menschen aus allen Teilen Deutschlands und der Welt mit der Trachten-Tradition in Berührung kommen.

Es ist interessant, diese Entwicklung von Norwegen aus zu beobachten, wo Trachten (bunad) schon länger selbstverständlicher Teil der Gaderobe auch jüngerer Leute sind. Mehr als zwei Drittel aller Frauen besitzen ein bunad. In letzter Zeit haben sich auch mehr und mehr Männer sowie Norweger mit sogenanntem “Migrationshintergrund” eine lokale norwegische Tracht zugelegt.

Thomas Hylland Eriksen hat sich übrigens in letzter Zeit mehrmals dafür stark gemacht, den Trachten-Boom mit dem Hijab-Boom zu vergleichen. Drücken diese beiden Booms vielleicht etwas Ähnliches aus?

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Ethnologe: “Deutscher WM-Patriotismus positiv”

Vom Oktoberfest 2008. Foto: La inquieta mirada , flickr

"Globalisierung macht Hirtenkultur cool" schrieb ich vor vier Wochen. Doch nicht nur in der Schweiz sind Trachten und alte Traditionen wieder angesagt. Mehrere Zeitungen berichten von einem Trachtenboom in Deutschland.

Deutschland…

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