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Ethnologen-Band soll Musiktraditionen bewahren

Seit gut 30 Jahren bereisen sie Afrikas Dörfer, um die mündliche Überlieferung von Märchen, Sagen und Mythen zu sichern. Vor fuenf Jahren gruendeten die Ethnologen Gerhard Kubik und Moya Malamusi das Donald Kachamba´s Heritage Jazzquartett – um Musiktraditionen zu bewahren, u.a. Kwela-Musik.

Kuerzlich gasterierte das Quartett im Rheingau. In der Wiesbadener Zeitung gibt Ethnologieprofessor Gerhard Kubik folgendes Statement ab:

Wir haben inzwischen die weltweit größte Sammlung mündlicher Überlieferung in mehr als 80 Sprachen auf Tonband und Video aufgenommen. Der Großteil davon lagert im Berliner Ethnologie-Museum. Wir stehen so unter Zeitdruck, weil wir in den letzten Jahren einen derartigen Niedergang des Erzählens beobachten. Statt sich wie früher abends zu unterhalten und dabei Überlieferungen zu erhalten, hängen selbst Südafrikaner in entlegensten Dörfern immer häufiger vor Satelliten-TV und Computer oder kommunizieren per Handy in der Amtssprache Englisch. Mit den Erzählungen gehen auch die Kultur und die kleineren Sprachen jetzt ganz schnell verloren.

Sie benutzen nur Originalinstrumente wie Gitarre, Bass, Kwela-Flöte, Rassel und den einseitigen Musikbogen Nyakatangali. Elektronik ist verboten.

>> zum Text im Wiesbadener Kurier

Er scheint ein sehr statisches und konservatives Verstaendnis von Tradition zu haben. Informationstechnologie kann zum Bewahren von Sprachen beitragen. Das Erzaehlen lebt ja nach wie vor und steht u.a. besonders im Rap (oder Slam Poetry) sehr stark. Rapper verweisen gerne auf eine Kontinuitaet von Rap und den Erzaehlertraditionen der westafrikanischen Griots.

Ethnologe Henrik Sinding-Larsen, der norwegische Folkmusik studiert hat, sagte kuerzlich auf einer Konferenz, Tradition lebe dadurch, dass sie sich staendig veraendere. “Um ein guter Folkmusiker zu sein, musst man seinen eigenen Stil entwickelt haben”, sagte er. “Kopiert man lediglich, bricht man Tradition”. Die (norwegische) Folkmusik sei im 19. Jahrhundert viel lebendiger als im 20.Jahrhundert weil sie sich da viel mehr veraendert hat. Ein Grund fuer die mangelnde Weiterentwicklung der Folkmusik soll die staerkere Verwendung von Noten sein.

Seit gut 30 Jahren bereisen sie Afrikas Dörfer, um die mündliche Überlieferung von Märchen, Sagen und Mythen zu sichern. Vor fuenf Jahren gruendeten die Ethnologen Gerhard Kubik und Moya Malamusi das Donald Kachamba´s Heritage Jazzquartett - um Musiktraditionen zu…

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Dissertation: Wie entwickelt sich eine Stammeskultur in der Stadt?

(via lightning.antville.org) Eine sehr schön geschriebene Geschichte in der taz über eine Ethnologin, die fuer ihre Doktorarbeit die Stammeskultur in Berliner Clubs erforscht. Das Thema: “alternative Technoszene”.

Anna Schöne steht allein an der Bar. Sie trägt eine modische Achtzigerjahrefrisur und ein ärmelloses, neonrosa Top mit russischen Sportabzeichen. Ihr Blick wandert langsam durch den Raum und streift jeden der Anwesenden. “Ich arbeite wie eine Kamera”, erklärt sie. “Ich versuche, erst einmal alles aufzunehmen.”

Anna Schöne ist Ethnologin.

Sie untersucht grundlegende Fragen zum Leben in der Stadt:

“Inwieweit lässt eine Stadt eine bestimmte Szene zu? Und inwieweit nimmt eine Szene die Gegebenheiten einer Stadt auf und entwickelt auch aus dem Ideellen, das wir mit einer Stadt verbinden, einen bestimmten Stil? Die Analyse der Szene als urbaner Akteur stellt bisher ein soziologisches Defizit dar.” Viel zu lange, glaubt sie, ist Subkultur als bloße Gegenkultur verstanden worden. “Das Spezifische an der Subkultur ist, dass sie das, was unsere Kultur ausmacht, bewusst macht, ausdrückt und in Begriffe und einen Stil bringt.”

taz-Autor Matthias Andreae beschreibt auch sehr schoen wie die Ethnologin – wie es sich gehoert – teilnehmend beobachtet. Zusehr? Sogar den Leitspruch “Don#t fuck the natives” fordert sie heraus.

Auch Schöne ist von den anderen Szenegängern auf der Tanzfläche kaum zu unterscheiden. Die langen dunkelbraunen Haare fallen ihr ins Gesicht. Sie reckt die geballte Faust in die Höhe und hüpft im Takt der Musik auf und ab. Mehr und mehr scheint sie selbst Teil dieser Welt zu werden.

Interessant ihre Einschaetzung von Ethnologen. Laesst sich das so verallgemeinern?

“Alle Ethnologen sind Ersatzabweichler. Sie fühlen sich zu exotischen Milieus hingezogen, ihnen fehlt aber der Mut, selbst einen solchen Lebensentwurf zu verwirklichen. Deshalb unternehmen sie nur Ausflüge mit Rückfahrkarte.”

>> zum Bericht in der taz: Die Argonauten des östlichen Berlins

PS: Erst als ich den Beitrag fertiggeschrieben hatte, bemerkt, dass der Text nicht gestern (27.1.), sondern bereits am 27.12.03 veroeffntlicht wurde. Ueber Anna Schöne ist merkwuerdigerweise seitdem nix im Netz erschienen

(via lightning.antville.org) Eine sehr schön geschriebene Geschichte in der taz über eine Ethnologin, die fuer ihre Doktorarbeit die Stammeskultur in Berliner Clubs erforscht. Das Thema: "alternative Technoszene".

Anna Schöne steht allein an der Bar. Sie trägt eine modische Achtzigerjahrefrisur…

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Neue Arbeit im Volltext: Mundartrap zwischen Lokalpatriotismus und Globalisierung

Wie Globalisierung zu einer Stärkung von lokalen Identitäten führen kann, zeigt Pascale Hofmeier in ihren Arbeiten “New York im WB-Tal. Lokale Entwicklung der globalen HipHop-Kultur” und “Identitätskonstruktionen im Schweizerdeutschen Mundartrap. Lokalpatriotische Wohlstandshiphopper?” Hofmeier war “beobachtende Teilnehmerin” sowohl auf diversen HipHop-Events wie auch in Internetforen. Es sind vermutlich die ersten Forschungsarbeiten über Mundartrap.

Die Kulturwissenschaftlerin räumt auf mit dem Vorurteil, HipHop sei eine der wenigen Ausdrucksmittel vernachlässigter jugendlicher Ausländer. Doch die Szene hat sich professionalisiert. Die Ältesten haben bereits graue Haare, alle gesellschaftliche Schichten sind Teil des HipHop-Kosmos, und auch auf dem Land haben sich Szenen gebildet.

In der Schweiz boomt der Mundartrap. Die meisten Rapper sind Schweizer. Für die Rapper auf dem Land ist HipHop eine wichtige Ausdrucksform für ihren Lokalpatriotismus, vielleicht kann man sogar sagen, sie werden durch HipHop zu grösseren Patrioten? Man ist stolz darauf, vom Land zu kommen! Gleichzeitig ist man Teil einer globalen Szene, also alles andere als provinziell. Sie schreibt:

Nicht die Notsituation machte die Jugendlichen kreativ, eher die Langeweile! Statt eine Ghettoromantik zu kopieren, wurden die Probleme der eigenen Herkunft thematisiert, die Kultur produktiv aufgenommen und interpretiert.

MC Poet, Versicherungsangestellter und seit zwei Jahren Vater, erzaehlt ihr:

Es war für uns von Anfang an ein Ziel, dass wir das Waldenburgertal publik machen wollten. Wir wollten wie eine Stadt in der Schweiz bekannt sein. WB-Tal muss einem gleich viel sagen wie Rap aus Zürich, aus Bern, aus Basel.

Die Arbeiten sind auch Studien in Kulturwandel. Die vier Standbeine des HipHop Rap, DJing, Graffiti und Breakdance haben sich getrennt! “Die lokale Subkultur HipHop ist in der Schweiz innerhalb von 10 Jahren einer halb kommerzialisierten Mundartrap Kultur gewichen”, schreibt sie. Die Unterschiede im Vergleich zu meiner fast sechs Jahre alten Arbeit Sein Ding machen. Eine ethnologische Forschung in der Hip-Hop Szene Basels sind offenbar.

Hofmeiers Texte sind spannend und souverän geschrieben, man merkt, dass die Autorin sich auskennt und gründlich recherchiert hat. Sehr schön sind die vielen Originalzitate im Text. Die Interviews im Anhang sind eine faszinierende Lektuere auch im Hinblick auf den Forschungsprozess: “Der Sound auf der anderen Seite wird immer lauter. Das macht mich als Interviewerin total nervös”, erfahren wir zum Beispiel. Es wäre schön wenn alle Forscher so offen wären!

Die Texte sind dann am besten, wenn die Autorin selbst das Wort führt. Ich hätte mir daher einen kritischeren Umgang mit den wissenschaftlichen Quellen erwünscht. Aussagen von anderen Autoren werden meist unkritisch übernommen, leider oft sogar wörtlich. Das führt zu Brüchen, macht den Text plötzlich unleserlich, da in den Cultural Studies ein für Aussenstehende schwer verständlicher Slang benutzt wird. Sätze wie “Identität im virtuellen Raum ist nach Nicola Döring (2003:341) eine „dienst- oder anwendungsspezifische, mehrfach in konsistenter und für andere Menschen wieder erkennbarer Weise verwendete, subjektiv relevante Repräsentation einer Person im Netz” sollten erst in besseres Deutsch übersetzt, in eigene Worte gefasst werden, bevor man sie in einer Arbeit verwendet. Dieses Kleben an den Originalquellen ist ein Grundproblem in vielen Arbeiten, die ich in letzter Zeit gelesen habe.

Alles in allem eine spannende Arbeit, das auch generelle Aussagen zu ethnologischen Standard-Themen Globalisierung und Identität macht!

Beide Arbeiten sind im Volltext im pdf-Format hier auf antropologi.info erhältlich:

Pascale Hofmeier: New York im WB-Tal Lokale Entwicklung der globalen HipHop-Kultur (Seminararbeit, Uni Bern, Januar 2003)

Pascale Hofmeier: Identitätskonstruktionen im Schweizerdeutschen Mundartrap. Lokalpatriotische Wohlstandshiphopper? (Facharbeit, Universität Bern, 20.5.05)

Wie Globalisierung zu einer Stärkung von lokalen Identitäten führen kann, zeigt Pascale Hofmeier in ihren Arbeiten "New York im WB-Tal. Lokale Entwicklung der globalen HipHop-Kultur" und "Identitätskonstruktionen im Schweizerdeutschen Mundartrap. Lokalpatriotische Wohlstandshiphopper?" Hofmeier war "beobachtende Teilnehmerin" sowohl auf…

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Während der Vorlesung wird Rap gehört

Wiesbadener Kurier

Doch dann nickt Wolfgang Bender (59) mit blitzenden Augen zum Beat des kenianischen Rappers Buzz und mahnt in das Murmeln seiner Studenten hinein: “Sie müssen die Ohren spitzen, um zu verstehen!” Bender ist Musikethnologe aus Leidenschaft. 1991 gründete er in Mainz das Archiv für die Musik Afrikas. In sechs Räumen im Untergeschoss der Universität lagert in Holzschränken und Metallregalen der Beat des Schwarzen Kontinents. “Das gibt es in dieser Form sonst nirgendwo”, sagt er. >> weiter

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Hüter eines fast verlorenen Schatzes. Das Mainzer Archiv für afrikanische Musik (Hessischer Rundfunk)

Wolfgang Bender: Afrikanische Musik braucht keine Entwicklungshilfe. Sänger und Musiker haben ihr lokales Publikum

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HipHop fordert die Stammesältesten heraus

Ethno::log weist auf das Worldmusic-Special in der taz hin. Interessant unter anderem der Text zur gesellschaftlichen Rolle von HipHop:

Die Bewegung der Jugend
In vielen afrikanischen Ländern bietet Rap der jüngeren Generation erstmals eine eigene Stimme. Indem Rapper zusehends die traditionellen Mächte und die Regierungen provozieren, hat HipHop mancherorts eine gesellschaftliche Relevanz erreicht, die in Europa unvorstellbar wäre. Im Senegal sollen nicht zuletzt die Rapper entscheidend dazu beigetragen haben, dass im Jahr 2000 der amtierende Präsident Abdou Diouf die ersten freien Wahlen in der Geschichte des Landes verlor. >> weiter

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Socially conscious hip-hop is worldwide phenomenon

Viele neue Texte über Weltmusik, Musik & Globaliserung auf der Webseite des Musikethnologen Thomas Burkhalter

Sein Ding machen. Eine ethnologische Feldforschung in der Hip-Hop-Szene Basels

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