Ethnologie statt Voelkerkunde. Sozial-/Kulturanthropologie statt Ethnologie. Namensaenderungen widerspiegeln Aenderungen im Fach. Nun hat sich auch das "Volkskundliche Seminar" an der Uni Zuerich umbenannt und heisst nun "Institut für Populäre Kulturen".
Ueli Gyr, Leiter des Institutes, und Ingrid Tomkowiak, Leiterin der Abteilung Populäre Literaturen und Medien, erklaeren im Uniblatt uniforum die Gruende fuer den Namenswechsel:
Ende der 1960er Jahren setzte im deutschsprachigen Raum eine grosse Debatte über den Namen des Faches ein. Man war sich einig, dass der Begriff «Volk» ungenau und ideologieanfällig ist. Er war nicht zuletzt im Nationalsozialismus für politische Propaganda missbraucht worden.
(...)
Die damalige Volkskunde betrachtete das «Volk» als eine organisch gewachsene, homogene Einheit, die gleichsam aus sich selbst heraus kulturelle Phänomene wie beispielsweise Märchen und Bräuche hervorbringt. Diese Vorstellung ist so nicht haltbar, hielt man damals fest. Die Alltagskultur wächst nicht nur von «unten», sondern entsteht durch vielerlei gesellschaftliche Impulse und wird beispielsweise auch von der Kulturindustrie geprägt. Dementsprechend begann auch die Volkskunde in der Schweiz ihren Gegenstand komplexer und breiter zu definieren und verstand sich fortan als Kulturwissenschaft.
Mit dem Namenswechsel hat es offenbar eine Weile gedauert. Die Zeit sei nicht reif für einen solchen Schritt gewesen.
Interessant: Der Namenswechsel hat das Fach in die Oeffentlichkeit gebracht und wird auch von den Medien ernster genommen:
Seit wir Institut für Populäre Kulturen heissen, bekommen wir auch Medienanfragen rund um Bestseller in Literatur und Film oder anlässlich der Fussball-WM zum Beispiel zum Gebrauch der nationalen Farben im Alltag. Obwohl wir durchaus auch Brauchforschung betreiben, freut es uns natürlich, dass wir nun vermehrt als Fach mit einer breiten kulturwissenschaftlichen Ausrichtung wahrgenommen werden.
PS: In Basel heisst die Volkskunde seit einem knappen Jahr "Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie".
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