Museum der Kulturen Basel: Weg von der Schaustellung von Ethnien
Vor zwei Wochen feierte das grösste ethnologische Museum der Schweiz seine Neueröffnung. Die zweijährigen Umbauarbeiten scheinen dem Museum der Kulturen in Basel gut getan zu haben. Nicht nur architektonisch, sondern auch fachlich.
Die Ausstellungen bewegen sich nämlich laut Pressemeldung:
weg von der vermeintlich all umfassenden Schaustellung einzelner Ethnien, Territorien, Religionen, etc. hin zu thematisch ausgerichteten, kultur- und länderübergreifenden Ausstellungen, mit dem handelnden Menschen im Mittelpunkt und immer mit Bezug zum Hier und Jetzt.
Eine der drei neuen Ausstellungen heisst übrigens “EigenSinn - Inspirierende Aspekte der Ethnologie”.
Es ist offenbar nicht mehr ein Museum, in dem Besuchende ihr Bedürfnis nach “Exotik” befriedigen können. Wenige Objekte, wenige Beschreibungen, dafür viel Raum - auch für eigene Reflektionen. Daniel Wiener schreibt in der Basler Zeitung, Basel habe ein neues Kunstmuseum erhalten.
So stellt das Basler Museum der Kulturen Schlitztrommeln aus Papua Neuguinea aus (Pressebild)
Er schreibt ganz begeistert, doch im Kommentarfelt hagelt es Kritik.
“Befremdend ist es, dass von riesigen Sammlung indigener Kult- und Kunstgegenstände so gut wie nichts mehr zu sehen ist”, schreibt z.B. Klicki.
Samba, “jung, kulturinteressiert”, entgegnet:
Für mich ist dies eines der ersten ethnologischen Museen, dass ich gesehen habe, das endlich aufwacht! Der Gegenstand der Ethnologie ist der Mensch. Wer glaubt, dass sich Subjekte kategorisieren lassen, in regionale Gruppen, in Sprachgruppen oder sonst irgendwelche eurozentrische Typen, der verhält sich gegenüber dem Gegenstand der Ethnologie, der eben kein Gegenstand im eigentlichen Sinne ist, nichts als unaufrichtig.
(…)
Bitte, stolze Basler, nehmt Abschied von Euren Erwartungen an Räume mit 40 Speeren und Lendenschürzen, die kein Mensch der Welt mehr braucht oder trägt, und lasst es zu, dass Eure wunderbaren Sammlungen, Eure Schätze, endlich einen neuen Weg gehen dürfen und in einem anderen Licht gezeigt werden können.
In einem ausführlichen Bericht auf Onlinereports.ch schreibt Aurel Schmidt:
Was hier als Konzept erarbeitet wurde und vorliegt, ist insofern neu, als bis ungefähr um 1980 jedes Objekt nur in seinem sozialen, religiösen, rituellen Kontext gesehen werden durfte. Das Funktionelle herrschte vor, etwas anderes war verpönt. Jetzt steht mit einem Mal das Objekt mit seinem Eigensinn (wieder?) im Mittelpunkt, als ästhetisches Objekt, von dem die Verführung ausgeht, wie Jean Baudrillard gesagt hat.
(…)
Gesucht wird dabei immer eine transversale Bedeutung, das heisst, dass der Sinn erweitert wird und im Idealfall am Ende zu einer verbesserten Erkenntnis führt. “Verständnis für die Menschheit”, drückt es Richard Kunz, der Kurator der Ausstellung, mit seinem eigenen Eigensinn aus.
Siehe auch Berichte in der Badischen Zeitung von Volker Baumeister über die Neugestaltung des Museums und über die Ausstellung “Eigensinn”
Das Museum hat auch eine ansprechende Webseite, wo sich auch sämtliche Ausstellungsbroschüren runterladen lassen.
Ähnliche Diskussionen wurden auch geführt während der Neugestaltung des Ethnologischen Museums in Berlin-Dahlem, siehe
Der Tagesspiegel zum "Dilemma ethnologischer Museen" und in Paris: Indigenous? Non-Western Arts? Primitive? The Paris Museum Controversy
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