antisemitismus und ethnologie

nichtidentisches ⌂ @, -, Montag, 21.05.2007, 00:26 (vor 6395 Tagen) @ leia

Irgendwie schon klar, dass sich mit den allzu offenen und zum Glück toten Antisemiten in der Völkerkunde auseinandergesetzt wurde. Dazu gibts: Lebenslust und Fremdenfurcht: Ethnologie im dritten Reich.
Aber eine Prüfung ethnologischer Theorien am Antisemitismus etwa Funktionalismus oder Strukturalismus auf den Antisemitismus anzuwenden, das ist m.E. nicht so leicht zu finden. Dass nämlich bei den gänzlich unantisemitischen Vorläufern und den teilweise jüdischen Opfern unter den Ethnologen sich dennoch enorme Überschneidungen zu völkischen Konzepten, die geradezu zwangshaft zum Antisemitismus führen, finden lassen, Levi-Strauss mit seiner teilweise Spenglerschen Elegie ist so ein Beispiel für die inzwischen als neurechts bekannte Denkweise. Klar war der NS schlimm, das sahen die Ethnologen auch ein, und hatten es wie Levi-Strauss auch am eigenen Leib erlebt und Familie verloren, aber deshalb ihre werte Theorie am schlimmsten Verbrechen der Geschichte, dem Rückfall in die Barbarei zu messen, das fiel dann doch den wenigsten ein. Der zweite Weltkrieg bleibt in Levi-Strauss Traurigen Tropen beispielsweise auf ein kurzes Einsprengsel beschränkt, hundert Seiten später werden KZs mit indischen Pilgerherbergen verglichen und alles geht in einem Einheitsbrei von immergleichem Leiden und dem natürlichen Vernichtungskampf der überbevölkerten Maden auf.

Die einzige Theorie, die sich wirklich etwas daraus gemacht hat war die kritische Theorie um Adorno. Für alle anderen war Auschwitz mal interessant und schockierend, aber theoretisch betrachtet war business as usual angesagt. Und leider kann man in ethnologischen Bibliotheken relativ vergeblich die Literaturlisten nach dem Namen Adorno durchsuchen.
Irgendwann wenn ichs mir leisten kann, promovier ich vielleicht mal darüber. Bis dahin muss man sichs halt selber rauslesen, was man braucht.


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