Hierzulande ziehen viele Ethnologen in die Ferne, um zu forschen. So ist das nicht in Indonesien. Die meisten Ethnologen forschen in ihrem eigenen Land - unter anderem um das von “westlichen” Ethnologen verbreitete Bild Indonesiens zu korrigieren, erklärt Nina Gaiser in ihrem Paper “Indonesische Ethnolog/innen in Jogjakarta – Studium, Beruf und Wissenstransfer“.
Sie zitiert einen Ethnologiedozenten an der Uni Gadjah Mada in Jogjakarta:
“The problem is, that research results published in a journal are always from the centre of the discourse. So it’s always the people from Germany, from the US, from the Netherlands or Australia who publish. But what they publish on Islam, that’s always kind of a misrepresentation, misinterpretation of culture and religion. […] We have our own genius to talk about Islam. But the knowledge about Islam is constructed by the first nations, Europe and the US. It’s not from Indonesia for instance. So that’s actually my concern.”
Ausschlaggebend ist laut Gaiser nicht wo man forscht, sondern was man erforscht und wie “nützlich” die Forschung für die Gesellschaft ist:
Ein Großteil der Befragten, viele von ihnen in NGOs tätig, sprach sich sogar aktiv für ethnologische Forschung aus, bei welcher der Forscher oder die Forscherin direkt für eine bestimmte Gruppierung oder Sub-Kultur Partei ergreift. Sie empfinden rein akademische Forschung als langweilig oder sinnlos, da die produzierten Forschungsergebnisse keinen Nutzen hätten. „I was so sick of that“, beschreibt eine Informantin, „and decided to stop doing research with those perspectives […] like academic research. Now I work with the people. […] It’s more, ya, action research: I learn from the people, we set up projects together. So it’s like advocacy work to empower kampung people“.
(…)
Moralische Bedenken treten nur dann auf, wenn ein Verdacht des Missbrauchs ethnologischer Forschungsergebnisse, durch Unternehmen oder Regierungen, besteht. Im Allgemeinen scheint jedoch die Tendenz zu bestehen, angewandte und theoretische Ethnologie verbinden zu wollen, mit dem Ziel etwas in der Gesellschaft zu verändern.
Nina Gaiser’s Arbeit ist das Ergebnis eines interessanten Zusammenarbeitsprojekts des Instituts für Völkerkunde der Uni Freiburg (Breisgau) und der Fakultas Ilmu Budaya der Universitas Gadjah Mada in Jogjakarta:
Es handelt sich dabei um ein interkulturelles Tandemprojekt, in welchem deutsche und indonesische Studierende gemeinsam forschen. Die Lehrforschung findet jährlich abwechselnd in Indonesien und Deutschland statt. Es wird in Zweierteams geforscht, bestehend aus jeweils einem deutschen und einem indonesischen Studierenden. Es geht darum als gleichberechtigte Forschungspartner übereinander aber zugleich miteinander zu forschen.
Einen æhnlichen Fokus auf den praktischen Nutzen von Forschung finden wir in mehreren afrikanischen Ländern, siehe The resurgence of African anthropology
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