“Warum begeistern sich junge Städter neuerdings fürs Schwingen, für das Kräftemessen einer alte Hirtenkultur vom Land?” Dieser Frage nehmen sich mehrere Schweizer Zeitungen an.
In einem Interview mit a-z.ch bringt Walter Leimgruber, Professor am Seminar für Kulturwissenschaften und Europäische Ethnologie an der Universität Basel, den Schwing-Boom in Zusammenhang mit der Globalisierung:
Die Globalisierung hat uns mit kulturellen Formen und Traditionen der ganzen Welt vertraut gemacht. Wir können indianischen Zeremonien beiwohnen, asiatischen Kampfsportarten und der Musik der Südseebewohner. Das weckt auch die Neugier auf das, was es hierzulande gibt.
Zudem ist seit einigen Jahren “Swissness” angesagt. Es ist wieder cool, das Schweizerwappen zu tragen, sich mit Insignien des Schweizerischen zu schmücken. Nennen wir das Patriotismus light oder die Konsumvariante der Heimatliebe.
Einen sehr interessanten Aufsatz zum Thema hat Christoph Fellmann im Tagesanzeiger geschrieben.
Er stellt die verbreitete Auffassung in Frage, der Boom der Volkskultur sei eine Reaktion auf “zu viel” Globalisierung. Es gehe nicht um das eine oder das andere:
Vielmehr haben die Menschen heute die Fähigkeit, das Unterschiedlichste locker miteinander zu verbinden. Gestern an die Street-Parade, heute ans Schwingfest.
Jedoch “erst als zeitgemässes Update konnte die alte Hirten- in die neue Eventkultur eingehen".
Sie musste sich vom Muff befreien, das Volksmusiksendungen anhaftete. Diese vonpolitische Rechtsaussen Wysel Gyr im Fernsehen moderierte Sendungen hätten nämlich dazu “beigetragen, dass die Mehrheit bald lieber zu irischen Reels oder brasilianischem Salsa schwofte als zur uperisierten Ländlermusik".
Schwingen ist auch bei Frauen beliebter geworden, vor allem als Publikum, erfahren wir. Doch es gibt auch einen Frauen-Schwingverband. Und zwar schon seit 1992. Viele der 80 Schwingerinnen kommen aus Schwingerfamilien.
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